News: Elektrizität von mikroskopischen Tröpfchen
Aufgrund von Massenanalysen geladener SO2-Fragmenten, nehmen die Physiker an, daß der Schlüssel zum Verständnis der Ladungstrennung die Aufnahme eines neutralen Alkali-Atoms während des Oberflächenkontaktes ist. Dessen äußerstes Elektron wird sofort vom Atom losgelöst und bewegt sich von Molekül zu Molekül durch den Tropfen. Durch die Wucht des Aufpralls zerfällt die Kugel sehr schnell in Teilstücke, was zur Bildung separater geladener Fragmente führt.
"Es war ein äußerst aufregender Moment, als wir unsere Annahmen über die Rolle der Alkali-Atome im Ladungsprozeß dadurch überprüften, daß wir die Oberfläche mit zusätzlichen Cäsium-Atomen von einem Ofen behandelten", sagt Christoph R. Gebhardt, der die Experimente durchführte. "Die relevanten Spitzen in unserem Spektrum begannen zu steigen, und wir wußten, daß wir verstanden hatten, was vorgeht."
Auch ohne zusätzliche Alkali-Atome erhielten die Forscher ein Signal, denn Alkalimetalle sind überall zugegen, wenn auch in äußerst geringen Konzentrationen. Wegen der hohen Empfindlichkeit des Effekts scheint es möglich, neue Analysemethoden mit niedrigeren Nachweisgrenzen und effektive Verfahren zur Oberflächenreinigung zu entwickeln. Die Möglichkeit, die Effizienz der Ladungstrennung durch Zugabe weiterer Alkali-Atome zu erhöhen, macht das Phänomen für die Bildung schwerer Ionen in Verbindung mit Ionenantrieben interessant, sowie für Cluster- oder Aerosol-Analysen, Plasmen schwerer Anionen und die Erzeugung bestimmter Molekülcluster für Spektroskopie- und Lösbarkeits-Untersuchungen.
Der neue Mechanismus für die Erzeugung von Ladungsträgern könnte auch relevant für natürliche Prozesse sein, etwa in der Atmosphäre. Dort nimmt ein Hydrometeor – die wissenschaftliche Bezeichnung für verschiedene Formen atmosphärischen Wassers – ein oder mehrere Alkali-Atome bei einer Kollision mit zum Beispiel einem Aerosol auf und erhöht so die intrinsische Leitfähigkeit durch die Bildung von gelösten Kationen und Elektronen. Dies könnte die vielen möglichen Mechanismen für die Wolkenbildung einleiten, oder der Hydrometeor könnte direkt in geladenen Teile zerfallen wie im Garchinger Experiment.
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