News: Elektrotherapie gegen Schuppenflechte
Das Krankheitsbild beruht auf einer zehnfach erhöhten Teilungsaktivität der Zellen in der Basalschicht der Haut. Normalerweise wandern verhornte Tochterzellen zur Hautoberfläche, wo sie abschilfern. Durch den stark erhöhten Nachschub an Zellen kommt es zu der charakteristischen massiven Schuppung. Ein großflächig erkrankter Patient kann pro Tag bis zu einer Kehrschaufel voller Schuppen produzieren. Außerdem bildet sich in dem unter der Epidermis gelegenen Bindegewebe ein Ödem und ein entzündliches Infiltrat.
Die therapeutische Wirksamkeit elektrischer Felder und Ströme ist seit längerem bekannt. Lebende Zellen wechselwirken mit niederfrequenten Feldern über molekulare Oberflächenstrukturen in der Zellmembran, so genannten Rezeptoren. Dadurch werden in den Zellen Signale ausgelöst, die komplexe Zellfunktionen beeinflussen können.
Nach Angaben des Forschungszentrums Karlsruhe haben Wissenschaftler des Instituts für Medizintechnik und Biophysik nun eine praktisch nebenwirkungsfreie Elektrotherapie gegen Schuppenflechte entwickelt, die auf der Behandlung mit Interferenzstrom basiert, einem niederfrequenten pulsierenden Wechselstrom, der bisher vor allem in der Physiotherapie angewendet wird (Proceedings der Tagung "Biological Effects of Light", 1998).
Nachdem Pilotstudien die grundsätzliche Wirksamkeit der Interferenzstromtherapie gegen die Psoriasis belegt hatten, schlossen die Wissenschaftler nun eine klinische Studie für eine spezielle Lokalisation der Erkrankung, die Psoriasis palmaris, ab. Dabei befällt die Krankheit die Hände, was die Patienten psychisch stark belastet und sie häufig in ihrer Berufsausübung einschränkt. Auf übliche Therapeutika spricht diese Form der Schuppenflechte kaum an.
Die Behandlung zielt darauf ab, die krankhaft erhöhte Teilungsaktivität der Basalzellen wieder zu normalisieren. Ansatzpunkt ist der schon seit längerem bekannte Befund, dass in den psoriatischen Hautzellen die Konzentration des Botenmoleküls cAMP erniedrigt ist. Dies löst häufig eine erhöhte Teilungsaktivität von Zellen aus. In den Zellen kann nun mit niederfrequentem Wechselstrom, der mit geeigneten Frequenzen moduliert wird, die cAMP-Konzentration erhöht werden, was bei wiederholter Strombehandlung zu einer Normalisierung der Teilungsaktivität führen sollte.
In Laborversuchen an Zellkulturen wurden als geeignete Modulationsfrequenzen zehn und einhundert Hertz bei einer Grundfrequenz des Wechselstromes von 4000 Hertz identifiziert. Mit diesen Frequenzen wurden die Hände von Psoriasis palmaris-Patienten bei Stromdichten von etwa einhundert Milliampère pro Quadratzentimeter behandelt. Während der Interferenzstromtherapie heilte bei elf von zwölf Patienten der Befall ab oder reduzierte sich deutlich. Lediglich bei einem Patienten schlug die Therapie nicht an, weshalb er die Behandlung vorzeitig abbrach. Alle Probanden waren mindestens ein Jahr erkrankt und herkömmliche Therapien hatten bei ihnen keinen Erfolg gezeigt. Im Laufe der Studie behandelten die Patienten ihre Hände über einen Zeitraum von drei Monaten zweimal täglich für einige Minuten mit Interferenzstrom. Um eine regelmäßige Behandlung zu gewährleisten, führten die Betroffenen die Anwendungen nach Anleitung zu Hause selbst durch.
"Die Behandlung ist nicht nur einfach, sondern praktisch auch ohne Nebenwirkungen", meint Hermann Dertinger, Leiter des Bereichs Biophysik am Institut für Medizintechnik und Biophysik, zusammen. "Während der Anwendung spüren die Patienten nur ein schwaches Kribbeln auf der Haut." Die eingesetzten Stromstärken liegen nach seinen Angaben weit unter dem Niveau einer Elektromassage.
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