Mikrobiologie: Endgültiges Aus für die Mär vom Arsen-Wunderbakterium
Die Beschreibung eines Bakteriums, das angeblich ganz ohne Phosphat wachsen kann und in seine DNA stattdessen Arsenat einbaut [1], erschien vielen von Anfang an zu spektakulär, um wahr zu sein. Eineinhalb Jahre nach der von der NASA medienwirksam inszenierten Veröffentlichung steht fest: Das Bakterium mit dem Namen GFAJ-1 kommt zwar mit sehr geringen Mengen an Phosphat aus – aber nicht ganz ohne. Und es toleriert zwar ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Arsen – doch diese bilden nicht das Rückgrat seiner DNA. Die Ergebnisse stammen zum einen von Mikrobiologen aus der Arbeitsgruppe von Julia Vorholt an der ETH Zürich [2] und zum anderen von Molekularbiologen um Rosemary Redfield von der University of British Columbia [3], die zu den ersten und schärfsten Kritikern der 2010 veröffentlichten Studie gehörte.
In dem damaligen Artikel beschrieben die Mikrobiologin Felisa Wolfe-Simon und Kollegen, wie sie den aus dem Mono Lake isolierten Stamm GFAJ-1 in einem angeblich phosphatfreien Medium zum Wachsen gebracht hatten. Phosphat ist einer der Hauptbestandteile der DNA und zählt damit nach gängiger Lehrmeinung zu den essenziellen Grundbausteinen aller Lebewesen. Aus diesem Grund hatten Wissenschaftler aus aller Welt in Frage gestellt, ob das Bakterium nicht Phosphat in seine DNA eingebaut hatte, das als Verunreinigungen anderer Inhaltsstoffe in dem Medium enthalten war.
Das Team aus Zürich stellte nun aus besonders reinen Chemikalien ein Medium her, dessen Phosphatgehalt unter 0,3 Mikromol pro Liter lag. Das entspricht einem Zehntel des Phosphatgehalts der Nährlösung, die Wolfe-Simon verwendet hatte. In diesem Medium konnte auch das vermeintliche Wunderbakterium nicht wachsen. Als die Wissenschaftler die Phosphatkonzentration schrittweise erhöhten, stieg auch die Zahl GFAJ-1-Zellen an – und zwar schon ab einer Konzentration von 1,7 Mikromol Phosphat pro Liter. Ob die Forscher zusätzlich Arsen zugaben oder nicht, hatte dabei keinen Einfluss auf das Wachstum der Bakterien. Wie die Autoren der Ausgangsstudie identifizierten auch die Schweizer Verbindungen aus Zucker und Arsenat in der Bakterienlösung. Wolfe-Simon und Kollegen hatten diese als mögliche Vorstufen von Nukleinsäuren wie DNA auf Arsenatbasis interpretiert. Die neuere Studie zeigt jetzt, dass sich die Verbindungen rein abiotisch, also ohne Einfluss der Bakterien, bilden.
Die Gruppe in Amerika analysierte die DNA der Bakterien noch genauer, nachdem diese in einem Medium herangewachsen waren, das 3,5 Mikromol Phosphat und über 1000-mal so viel Arsenat enthielt. Dazu untersuchten die Wissenschaftler das aufgereinigte Erbmaterial massenspektrometrisch. Die Autoren der Ausgangsstudie hatten diese Art der Analyse ausgelassen, was viele Experten heftigst kritisiert hatten. Die Kritik erwies sich als berechtigt – denn dank der ursprünglich versäumten Experimente konnten Redfield und ihr Team nun zeigen, dass die Bakterien trotz ihrer extremen Wachstumsbedingungen ganz normale DNA auf Phosphatbasis gebildet hatten. Arsenat detektierten die Forscher nur, wenn sie die Proben unzureichend wuschen.
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