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News: Energischer Schalter

Wenn Wurzelzellen an Sauerstoffmangel leiden, müssen sie ihre Energiegewinnung umstellen. Den dafür verantwortlichen molekularen Schalter haben Wissenschaftler nun entdeckt.
So mancher Hobbygärtner musste schon leidvoll feststellen, dass einige seiner Schützlinge nasse Füße ganz und gar nicht vertragen. Derart empfindlich dürfen Pflanzen in Auen oder anderen Überschwemmungsbereichen natürlich nicht sein. Schließlich müssen sie eine große Energiekrise meistern, wenn ihre Umgebung unter Wasser steht: Wird der Sauerstoff an ihren Wurzeln knapp, können die Zellen den normalen Stoffwechselweg zur Energiegewinnung – die Atmungskette – nicht mehr beschreiten.

Abhilfe schafft ein Enzym, das auch in der Leber des Menschen vorkommt und dort für den Abbau des Blutalkohols sorgt: die Alkohol-Dehydrogenase (ADH). Sie katalysiert aber auch den letzten Schritt der alkoholischen Gärung, bei der Zellen unter Energiegewinn Zuckerverbindungen zu Ethanol umwandeln. Indem die Pflanzen nun bei Sauerstoffmangel mehr ADH herstellen und den Anteil dieser Zuckerverwertung erhöhen, können sie – wenn auch auf Sparflamme – die ungünstigen Zeiten überstehen.

Airica Baxter-Burrell von der University of California in Riverside und ihre Kollegen wunderten sich allerdings, warum sie keinen direkten Zusammenhang zwischen Überflutungsresistenz und ADH-Produktion feststellen konnten. Nun sind sie bei der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) auf einen molekularen Schalter gestoßen, mit dem entsprechend angepasste Pflanzen offenbar die Herstellung des hilfreichen Enzyms steuern.

Rop, ein so genanntes G-Protein, übernimmt demnach die Rolle des Hebels. Über eine Kette von Signalen sorgt es dafür, dass die Zellen letztendlich Wasserstoffperoxid (H2O2) herstellen. Die Verbindung ist zwar nicht gerade gesundheitsfördernd, für die Produktion von ADH aber nötig.

Damit das Ganze nicht aus den Fugen gerät, wird aber ab einer bestimmten Wasserstoffperoxidkonzentration über einen spezifischen Hemmstoff eine negative Rückkopplung eingeleitet, durch die schließlich der H2O2-Gehalt wieder sinkt. "Diesen Regler haben alle Pflanzen", erklärt Julia Bailey-Serres, die Leiterin der Arbeitsgruppe, "aber wahrscheinlich unterscheiden sich die verschiedenen Arten in der Geschwindigkeit, mit der dieser Schaltmechanismus funktioniert." Das würde erklären, warum manche Vertreter keine Probleme damit haben, wochenlang im Wasser zu stehen, während andere schon bei den geringsten Staunässeanzeichen eingehen.

Mit diesen Erkenntnissen ließen sich vielleicht Nahrungspflanzen genetisch so verändern, dass sie unempfindlicher für Stress durch Überschwemmung werden, spekulieren die Wissenschaftler. Dafür fehlt ihnen allerdings noch ein ganz entscheidender Punkt: der Sensor, der den molekularen Schalter umlegt. Er ist jetzt Gegenstand der laufenden Forschungsarbeiten.

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