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Kosmologie: Radiostrahlungsausbruch vertieft astrophysikalisches Rätsel

Die Entdeckung eines nur Sekundenbruchteile dauernden Radiostrahlungsausbruchs mit dem Arecibo-Radioteleskop auf Puerto Rico liefert wichtige neue Daten zu den rätselhaften Ausbrüchen, die aus großen Entfernungen im Universum zu kommen scheinen. Zum allerersten Mal wurde ein solcher Ausbruch ("Radioblitz") in der nördlichen Hemisphäre des Himmels beobachtet.
Die Ausbruchsstelle im Sternbild Fuhrmann (optisches Bild)

Schnelle Radiostrahlungsausbrüche oder Radioblitze (Fast Radio Bursts, FRBs) sind Kurzzeitphänomene von nur einigen Millisekunden Dauer. Wissenschaftler am Parkes Observatory in Australien hatten solche Ereignisse zum allerersten Mal aufgezeichnet. Die Tatsache, dass entsprechende Ergebnisse mit keinem anderen Teleskop der Erde bestätigt werden konnten, führte zwischenzeitlich zu der Vermutung, dass das australische Teleskop Signale von Quellen auf der Erde oder in ihrer unmittelbaren Umgebung aufgezeichnet haben könnte. Die hier beschriebene Entdeckung mit dem Arecibo-Teleskop ist der erste Nachweis eines Radioblitzes, der nicht auf Beobachtungen mit dem Parkes-Radioteleskop zurückgeht. Die Position des neuen Radiostrahlungsausbruchs liegt in Richtung des Sternbilds Fuhrmann (lateinisch: Auriga) am nördlichen Sternhimmel.

Die Ausbruchsstelle im Sternbild Fuhrmann | Optische Himmelsaufnahme der Region in Richtung des Sternbilds Fuhrmann, in der der Kurzzeitradiostrahlungsausbruch FRB 121102 entdeckt wurde. Die Position des Strahlungsausbruchs zwischen dem alten Supernovaüberrest S147 (links) und dem Sternentstehungsgebiet IC 410 (rechts) ist durch einen grünen Kreis markiert. Der Radioblitz stammt aus wesentlich größerer Entfernung weit außerhalb der Grenzen unseres Milchstraßensystems.

"Statistisch gesehen sollte es nur sieben Ausbrüche pro Minute über den ganzen Himmel verteilt geben; es gehört also schon eine Menge Glück dazu, dass man sein Teleskop zur richtigen Zeit auf die richtige Position am Himmel ausrichtet", sagt Laura Spitler vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn. "Sowohl die Eigenschaften unseres mit dem Arecibo-Teleskop gefundenen Radioblitzes wie auch die daraus abgeleitete Häufigkeit des Auftretens solcher Ereignisse stimmen sehr schön mit dem überein, was wir aus den vorher bereits mit Parkes beobachteten Ausbrüchen abgeleitet haben."

Das Forschungsergebnis ist vor allem deshalb so wichtig, weil es auch den letzten Zweifel ausräumt, dass diese Radioblitze wirklich aus den Tiefen des Universums stammen. Die Radiosignale zeigen alle Anzeichen, dass sie tatsächlich weit außerhalb unserer Milchstraße erzeugt wurden.

Wie genau diese Radioblitze entstehen, stellt im Moment noch ein größeres Rätsel für die Astrophysik dar. Die Vermutungen kreisen um eine Reihe von exotischen astrophysikalischen Phänomenen wie zum Beispiel verdampfende Schwarze Löcher, miteinander verschmelzende Neutronensterne oder Strahlungsausbrüche auf Magnetaren, das sind Neutronensterne mit extrem hohen Magnetfeldern. Eine andere Möglichkeit wäre ein Phänomen wie die bei manchen Pulsaren beobachteten Riesenpulse, aber mit einer wesentlich höheren Helligkeit.

Der ungewöhnliche Strahlungsausbruch wurde am 2. November 2012 am Arecibo-Observatorium mit dem größten und empfindlichsten Radioreflektor der Erde beobachtet, mit einem Spiegel von 305 Meter Durchmesser und einer Fläche von rund acht Hektar.

Während die Radioblitze nur einige Millisekunden andauern und bisher kaum jemals entdeckt werden konnten, bestätigen die neuen Beobachtungen statistische Annahmen, dass es rund 10000 dieser ungewöhnlichen kosmischen Ereignisse pro Tag, verteilt über den ganzen Himmel, geben sollte. Die erstaunlich große Anzahl ergibt sich aus Berechnungen, ein wie großer Teil des Himmels wie lange beobachtet wurde, um die bisherigen wenigen Entdeckungen zu erhalten.

Die Radioblitze stammen aus einem Bereich weit außerhalb unserer Milchstraße, wie aus der Messung eines als Plasmadispersion bekannten Effekts abgeleitet werden kann. Dabei kann man Signale, die über größere Strecken durch das Universum laufen, von künstlichen, auf der Erde erzeugten Signalen durch den Einfluss von interstellaren Elektronen unterscheiden. Sie führen dazu, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Radiowellen bei niedrigeren Radiofrequenzen abnimmt. Bei den mit dem Arecibo-Teleskop entdeckten Strahlungsausbrüchen ist die Dispersion dreimal größer, als man von einer Quelle mit Ursprung in unserer Milchstraße maximal erwarten könnte.

Die Entdeckung erfolgte im Rahmen von Beobachtungen für das "Pulsar Arecibo L-Band Feed Array" (PALFA)-Projekt. Damit wird eine große Anzahl von neuen Pulsaren entdeckt, darunter seltene spezielle Pulsarsysteme zur Erforschung von fundamentalen Eigenschaften von Neutronensternen und zum Test von Theorien der Gravitationsphysik.

Die Suche nach schnellen Radiostrahlungsausbrüchen hat sich zu einem vorrangigen Projekt für derzeitige und künftige Radioobservatorien entwickelt. "Unser Radioteleskop in Effelsberg hat großes Potenzial, um noch eine Menge dieser Ausbrüche zu entdecken", schließt Laura Spitler. "Wir sind uns sicher, dass eine Reihe davon bereits jetzt in den Archivdaten von Radio-Pulsar-Durchmusterungen mit dem 100-Meter-Teleskop stecken, und wir arbeiten hart daran, ein Softwaresystem zu entwickeln, das diese Ausbrüche bereits in Echtzeit entdecken kann. Die Echtzeitentdeckungen bedeuten einen wichtigen Schritt vorwärts, da wir Folgebeobachtungen mit Instrumenten bei anderen Beobachtungsfrequenzen direkt anschließen können. Sie werden entscheidend dazu beitragen, das Rätsel zu entschlüsseln." Radioteleskope der Zukunft wie das "Square Kilometre Array" (SKA) und seine bereits existierenden Pfadfinderprojekte stellen extrem effektive Werkzeuge dafür dar, Radioblitze systematisch aufzuspüren und den Wissensstand über dieses Phänomen entscheidend zu verbessern.

MPIfR / Red.

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