News: Der lange Atem der Erde
Interessanterweise gab es aber schon 300 Millionen Jahre zuvor Organismen, die große Mengen Sauerstoff produzierten. Warum der sich aber erst viel später nachweisen lässt, ist eine der Fragen, die sich Lee Klump vom Penn State College of Earth & Mineral Sciences mit seinen Kollegen stellte. Sie entwickelten eine Modellvorstellung, nach der langwierige Vorgänge im Erdinneren schließlich zu unserer heutigen Zusammensetzung der Atmosphäre führten (Summit 2000 Geological Society America Annual Meeting & Exposition vom 9. bis 18. November 2000 in Reno, Nevada).
Bis zu der Eiszeit vor 2,4 Milliarden Jahren förderten Vulkane neben der Lava nur Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan. Der Grund ist einfach, denn die Magmenquellen lagen im oberen Mantel, wo stark reduzierende, also sauerstofffreie Verhältnisse herrschten. Doch in den Tiefen der Meere legten diese Vulkane die Grundlage für unsere heutige Atmosphäre. In den Laven aus dem Erdmantel waren nämlich auch große Mengen von Eisen enthalten. Sowie die heißen Gesteine mit dem Meerwasser in Berührung kamen, oxidierte das Eisen, wobei sich der Sauerstoff des Wassers in den neuen Eisenmineralen band und der Wasserstoff in die Atmosphäre entwich.
Infolge der plattentektonischen Prozesse entfernte sich die ozeanische Kruste – einem Fließband gleich – von den ozeanischen Rücken und stieß nach vielen Millionen Jahren auf einen Kontinentalrand. Dort schob sie sich unter die Landmasse und tauchte bis an die Grenze zum Erdkern ab, wo es schließlich zur Aufschmelzung der Gesteine kam. Die Magmen stiegen auf und bildeten neue Vulkane. Diese förderten nun vor allem große Mengen von Kohlendioxid und Wasser, wodurch Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan aus der Atmosphäre verdrängt wurden. Ihr Reduktionspotenzial erniedrigte sich und der Sauerstoffgehalt konnte endlich ansteigen. Der Sauerstoff, den die 300 Millionen Jahre zuvor erschienenen Cyanobakterien im Zuge der Photosynthese freisetzten wurde bis dahin nämlich sogleich reduziert.
Damit veränderten sich auch die klimatischen Verhältnisse. Denn vorher glich die Atmosphäre aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan einem Treibhaus. Zwar ist auch Kohlendioxid ein Treibhausgas, doch war dessen Effekt im Vergleich zu den anderen Gasen geringer. Der Treibhauseffekt kehrte sich also um und es wurde rasch kälter. Die Forscher glauben allerdings, dass die Vereisung nur kurze Zeit dauerte, denn mit den steigenden Kohlendioxidgehalten kam es alsbald zu einer neuerlichen Erwärmung, in dessen Folge die Gletscher wieder verschwanden. Doch der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre ist seitdem bis heute weitgehend konstant geblieben.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 8.8.2000
"Dem Sauerstoff auf der Spur"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 28.10.1999
"Eine Milliarde Jahre früher?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 9.3.2000
"Planeten im Reagenzglas" - Spektrum der Wissenschaft Spezial 1994, Seite 36
"Die Entwicklung der Erde"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 2/93, Seite 36
"Die Entwicklung der Atmosphäre aus dem Erdmantel"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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