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Erderwärmung: Erneutes Extremjahr für Schweizer Gletscher

In nur zwei Jahren ging in der Schweiz so viel Gletschereis verloren wie in der Zeit von 1960 bis 1990. Wie Experten berichten, folgt damit auf 2022 ein erneutes Extremjahr.
Kleiner Gletscher Vadret dal Murtèl
Der kleine Gletscher Vadret dal Murtèl am Piz Bernina in Graubünden liegt auf einer Höhe von 3100 Metern über dem Meeresspiegel. Selbst Mitte September schmilzt das Eis dort rasch.

Die Schweizer Gletscher haben nach 2022 ein zweites Extremjahr erlebt. In beiden Jahren zusammen ist das Gletschervolumen um zehn Prozent geschrumpft, wie die Schweizerische Kommission für Kryosphärenbeobachtung der Akademie der Naturwissenschaften am Donnerstag berichtete. Damit sei innerhalb von zwei Jahren so viel Eis verloren gegangen wie insgesamt zwischen 1960 und 1990. Die Gletscher der Schweiz würden immer schneller schmelzen, so die Fachleute der Akademie, die Beschleunigung beurteilen sie als dramatisch. Ursachen seien der sehr schneearme Winter 2022/23 und die hohen Temperaturen im Sommer.

Einige Gletscherzungen seien zerfallen und kleinere Gletscher sogar verschwunden. Selbst im südlichen Wallis und im Hochtal Engadin, wo Gletscher auf mehr als 3200 Metern eigentlich noch intakt waren, sei in diesem Jahr eine Schneeschmelze von mehreren Metern gemessen worden.

Die Eisdicke sei im Durchschnitt aller Gletscher um rund drei Meter geschrumpft. Im Berner Oberland und in Teilen des Wallis – etwa am Großen Aletschgletscher – waren es zirka zwei Meter. Dort habe im vergangenen Winter mehr Schnee gelegen. Die Daten stammen vom Schweizerischen Gletschermessnetz (Glamos), an dem unter anderem die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) beteiligt ist.

Eisgrat zum Piz Murtèl | Der Eisgrat zum Piz Murtèl in Graubünden im Jahr 2005 verglichen mit dem Zustand im Jahr 2023. Beide Bilder wurden von der Bergstation des Piz Corvatsch aus aufgenommen.

Besonders in der zweiten Februarhälfte habe teils so wenig Schnee gelegen wie nie zuvor um diese Zeit seit Beginn der Messungen. Die Schneehöhen betrugen im Durchschnitt nur noch 30 Prozent des langjährigen Mittels in dieser Zeitperiode. Auch oberhalb von 2000 Metern habe es in der zweiten Februarhälfte Tiefrekorde gegeben, und zwar bei mehr als der Hälfte der automatischen Stationen mit Messreihen, die vor mindestens 25 Jahren begannen. Weil es im Juni sehr trocken und warm war, sei der Schnee zwei bis vier Wochen früher geschmolzen als üblich, berichtete die Akademie.

Wetterdienste meldeten zudem Ende August, dass die Nullgradgrenze so hoch lag wie nie zuvor gemessen, bei fast 5300 Metern. Gemeint ist damit der Bereich in der Luft, ab dem die Temperatur unter null Grad Celsius fällt. Weil der Sommer derart warm war und die Nullgradgrenze rekordhoch gelegen habe, seien vereinzelte Sommerschneefälle meist rasch geschmolzen und hätten den Gletschern kaum Schneenachschub geliefert. (dpa/kas)

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