Kometenmission Rosetta: Staubexplosion auf Rosettas Kometen
Am 10. Juli 2015 beobachtete die europäische Raumsonde Rosetta am Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko eine gewaltige Staubwolke, die sich über hunderte Kilometer ins All erstreckte. Solche Eruptionen auf Kometen sind zwar schon lange bekannt, aber die ihnen zu Grunde liegenden Mechanismen bis heute nicht komplett verstanden.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter Leitung der Universität Padua und des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) konnte diese Staubwolke nun auf einen Erdrutsch auf der Oberfläche des Rosetta-Kometen zurückführen und damit erstmals Ursachenforschung betreiben. Ihre Ergebnisse veröffentlichte sie in der Fachzeitschrift "Nature Astronomy".
Die Forscher arbeiteten mit Fotos des wissenschaftlichen Kamerasystems OSIRIS und der Navigationskamera von Rosetta. So konnten sie eine Region auf der Nordseite des größeren Teils des Kometen als Ursprung der Eruption ausmachen: Hier liegt die so genannte Aswan-Klippe, die etwa 180 Meter in die Höhe ragt. Aufnahmen aus der Zeit vor dem 10. Juli 2015 enthüllen einen tiefen und etwa 70 Meter langen Riss am Rand der Klippe. Einige Tage danach zeigt sich ein anderes Bild: Ein Erdrutsch hat große Teile des Abhangs ins Tal gerissen und eine neue, scharfe Kante erzeugt. 99 Prozent des Materials liegt nun in Trümmern am Fuß der Klippe – "der Rest muss beim Lawinenabgang ins All gewirbelt worden sein", erklärt Holger Sierks vom MPS, Leiter des OSIRIS-Teams. Dies erzeugte die riesige Staubwolke, deren Masse auf mindestens 100 Tonnen geschätzt wurde. Der "Erdrutsch" lief wegen der geringen Schwerkraft des Kometenkerns wie in Zeitlupe ab – die Anziehungskraft des kleinen Himmelskörpers erreicht nur etwa ein Zehntausendstel derjenigen der Erde.
Die frische Bruchkante legte außerdem das Innere des Kometen frei, was helles Wassereis zum Vorschein brachte. Die neue Fläche hatte eine Albedo von mehr als 0,4, was bedeutet, dass sie mehr als 40 Prozent des einfallenden Sonnenlichts reflektierte. Damit erschien sie mindestens sechsmal so hell wie die normale Kometenoberfläche, die eher an Steinkohle erinnert. Allerdings wurde sie in den Monaten nach dem Abrutsch schnell wieder dunkler, da das Eis in den gasförmigen Zustand überging und sich verflüchtigte.
Laut den Simulationen der Forscher lösten wohl starke Temperaturschwankungen in den Tagen und Wochen vor dem Ereignis den Erdrutsch aus: So schien die Sonne im Juli 2015 teilweise fast senkrecht auf die Aswan-Steilwand, weshalb die Temperaturen hier im Lauf eines Kometentags auf bis zu 60 Grad Celsius anstiegen. Dagegen war das Plateau über der Klippe kaum direktem Sonnenlicht ausgesetzt und wurde wohl nie wärmer als –90 Grad Celsius. Vermutlich vergrößerten diese Temperaturunterschiede bereits vorhandene Risse, bis das Material nachgab und abrutschte. Ganz ähnliche Vorgänge wurden auch schon auf der Erde beobachtet und könnten nach Angaben der Wissenschaftler entscheidend zur Gestaltung der Oberfläche von Kometenkernen beitragen.
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