News: Erfolgreiche Wanderschaft zwischen den Welten
Demzufolge war es auch klar, wie die ersten Experimente für einen Spin-Bauelement auszusehen hatten: Man brachte ein ferromagnetisches Material auf einen Halbleiter auf und legte eine elektrische Spannung über diesem Paket an. Die Idee war, dass getrieben durch die Potentialdifferenz vorwiegend Elektronen eines Spins vom Magneten in den Halbleiter wandern. Wäre das erfolgreich, so könnte schließlich eine zweite ferromagnetische Schicht auf der anderen Seite des Halbleiters als Analysator dienen – der Spintransistor wäre damit fast komplett.
Ein einfaches Konzept, das leider nur bedingt funktionierte. Die so genannte Spininjektion war das Problem. Beim bisherigen Rekord behielten gerade einmal 40 Prozent der Elektronen ihren Spin auf der Wanderschaft bei, beim Rest drehte er sich. Für elektronische Bauelemente ein nicht akzeptables Verhalten, da so ein Großteil an Information verloren geht.
Nun versuchten es Vincent LaBella und seine Kollegen von der University of Arkansas mit einem verfeinerten Ansatz. Sie verwendeten die Spitze eines Rastertunnelmikroskopes (STM), bestehend aus einem einkristallinen, ferromagnetischen Nickeldraht, als Quelle spinpolarisierter Elektronen. Denn die Leitungselektronen im Nickel entstammen vorwiegend einer Spinsorte, sodass ein spinpolarisierter Strom von der Spitze in einen Halbleiter eindringen sollte. Im Experiment der Amerikaner rasterte das STM über Galliumarsenid.
Mit einer besonderen spektroskopischen Technik – der spin-polarized tunneling-induced luminescence microscopy (SP-TILM) – konnten die Physiker feststellen, inwieweit die Elektronen tatsächlich ihren Spin behielten, nachdem sie in den Halbleiter eingedrungen waren. Das Prinzip besteht darin, dass polarisierte Elektronen auch polarisiertes Licht emittieren, wenn sie mit einem positiven Loch in der Halbleiterschicht rekombinieren.
Es zeigte sich, dass 92 Prozent aller Elektronen ihren Spin behielten und das bei einer Temperatur von 100 Kelvin. Der bisherige Rekord von 40 Prozent konnte dagegen nur bei 10 Kelvin aufgestellt werden. Nun ist es aber wesentlich aufwendiger, auf so tiefe Temperaturen zu kühlen, als auf 100 Kelvin – letzteres gelingt schon mit flüssigem Stickstoff.
Mit dem STM konnten die Forscher außerdem auch gleich den Einfluss der Probenoberfläche auf den Effekt überprüfen. Sie fanden heraus, dass die Struktur des Halbleiters einen recht großen Einfluss auf die Effizienz hatte: Die zunächst verwendete so genannte (110)-Oberfläche des Galliumarsenid hat wenige Stufen, hingegen besitzen andere Schnitte durch den Kristall eine wesentlich rauere Oberflächenstruktur – bei ihnen liegt die Ausbeute teilweise nur noch bei einem Sechstel. Offensichtlich streuen die Elektronenspins an den Unebenheiten. LaBella meint dazu: "Bis jetzt konnte niemand genau bestimmen, dass Stufen Spins streuen." Dieses Wissen könnte nun dazu führen, dass bald noch weitere Materialien für eine effiziente Spininjektion zur Verfügung stehen. Und das wäre erst der Anfang – dann könnte die Spinelektronik wirklich zeigen, was in ihr steckt.
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