Kosmologie: Erneuter Rückschlag für vermeintlichen Nachweis der Inflation
Die neueste Untersuchung von Daten des Weltraumteleskops Planck belegt, dass Signalmuster, wie sie mit dem BICEP2-Experiment in der kosmischen Hintergrundstrahlung beobachtet wurden, durch Staub in unserer Galaxis hervorgerufen werden können. Damit könnte die Untersuchung die Schlussfolgerungen der BICEP2-Forscher entkräften, welche noch im März 2014 für Schlagzeilen gesorgt hatten: Sie glaubten, den ersten experimentellen Nachweis für die kosmische Inflation erbracht zu haben.
Mit Hilfe von mehr als 500 Detektoren des in der Antarktis stationierten Experiments BICEP2 beobachteten Forscher in den Jahren 2010 bis 2012 die kosmische Hintergrundstrahlung innerhalb eines kleinen Himmelsausschnitts. Die Strahlung des Mikrowellenhintergrunds erreicht die Erde aus jeder Richtung und ist als das älteste beobachtbare "Licht" im Universum ein Fenster zu der frühen Phase der kosmischen Entwicklung – rund 380 000 Jahre nach dem Urknall. Zu diesem Zeitpunkt war das Universum so weit abgekühlt, dass sich Protonen und Elektronen zu elektrisch neutralem Wasserstoff vereinigten und sich elektromagnetische Strahlung frei ausbreiten konnte. Wissenschaftler erwarten, dass sich noch frühere Prozesse in den Eigenschaften der Hintergrundstrahlung niederschlagen sollten.
Dabei gehen Kosmologen von Folgendem aus: Die kosmische Inflation – eine sehr kurze, aber über unglaublich viele Größenordnungen hinweg erfolgte Expansion des Universums direkt nach dem Urknall – sollte ein Muster in der Polarisation des Mikrowellenhintergrunds hinterlassen haben. Obwohl die Inflation zum Standardmodell der Kosmologie gehört und weit gehend akzeptiert ist, so ließ sie sich bisher noch nicht experimentell nachweisen. Deshalb wird die Hintergrundstrahlung auf die Verteilung ihrer Schwingungsebenen hin untersucht. Als die BICEP2-Ergebnisse im März 2014 veröffentlicht wurden, war das Medienecho enorm, denn sie schienen genau diese Hinweise auf die Inflation in Form von Wirbeln im Polarisationsmuster gefunden zu haben. Der Theorie nach würden solche durch Gravitationswellen hervorgerufen, die während der Inflation entstanden sein sollten.
Schon bald jedoch mehrten sich skeptische Stimmen in der Wissenschaftsgemeinde: Die beobachteten Strukturen könnten auf Staub in der Milchstraße zurückzuführen sein, und dessen Beitrag sei unterschätzt worden. Eine Aufklärung dieser Ungewissheit kann nur durch unabhängige Messungen erfolgen, wie sie mit dem Satelliten Planck gewonnen wurden und zurzeit noch untersucht werden. Die Analyse der neuen, wenn auch vorläufigen Ergebnisse lässt jedoch bereits jetzt darauf schließen, dass die BICEP2-Beobachtungen nicht aussagekräftig genug waren. Die Planck-Daten helfen dabei, den Einfluss des Staubs im Vordergrund auf Beobachtungen des Mikrowellenhintergrunds abzuschätzen, und lassen bereits jetzt erkennen, dass dieser einen signifikanten Einfluss auf Beobachtungen ausübt. Er darf nicht ignoriert, sondern muss daher entsprechend herausgerechnet werden. Die Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass die Stärke und Form des Signalmusters, wie es mit BICEP2 beobachtet und durch Gravitationswellen erklärt wurde, grundsätzlich nicht von dem Beitrag der Staubkomponente zu unterscheiden ist. Damit ist die Inflationserklärung zwar nicht ausgeschlossen, doch lässt sie sich auch nicht beweisen.
Die Forscherteams beider Experimente arbeiten zurzeit gemeinsam daran, die gesamten Daten zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen, um noch dieses Jahr eine endgültige Schlussfolgerung präsentieren zu können.
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