News: Ernteglück durch Pechnelke
Bauernregeln und der Glaube an die homöopatische Wirkung "obskurer" Wundermittel wie Gesteinsmehl, Brennesselsud oder auch das Extrakt aus der Saat von Pechnelken haben eins gemeinsam: Sie werden von der Forschung kritisch beäugt und lassen sich wissenschaftlich nur schwer belegen. Pflanzenhormone hingegen sind chemisch hervorragend untersucht, sie sind katalogisiert und registriert. Ihre Wirkung auf Wurzel- und Blattwachstum werden sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der Industrie für die Entwicklung neuer Pflanzensorten und -wirkstoffe ausgiebig genutzt. Auch die Klasse der Brassinosteroide ist als Wachstumsförderer wohlbekannt. Dass es hier unentdeckte Molekülvarianten geben sollte – und dazu noch eine, die nicht nur das Wachstum anderer Pflanzen ankurbelt, sondern darüber hinaus auch noch gegen Mehltau bei Gurken, das Tabakmosaikvirus bei Tabakpflanzen und Grauschimmel bei Tomaten schützen sollte, das schien ausgeschlossen.
Schnabl vermutete aber, daß sich hinter der erstaunlichen Wirkung des Saatgutpulvers ein neues Molekül verbirgt, das sich der chemischen Enttarnung bisher erfolgreich entzogen hatte. Nach dreijähriger intensiver Suche gelang es dem Team, zwei Pflanzenhormone aus der Pechnelke zu isolieren, von denen eines wohlbekannt und – das ist die chemische Sensation – das zweite als natürlich vorkommendes Molekül völlig neu war. Beide Hormone gehören zu der Klasse der Brassinosteroide und werden als 24-epi-castasteron beziehungsweise 24-epi-secasteron bezeichnet. Dass Brassinosteroide überhaupt in der weitverzweigten Pflanzenfamilie der Pechnelke (Lychnis viscaria) vorkommen, war bisher ebenfalls unbekannt. Unklar bleibt jedoch noch, auf welchem Weg die Pflanze diese Stoffe produziert.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 16.5.2000
" Wie erkennt eine Pflanze ihre Feinde?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 20.7.1998
"Es ist nicht leicht, eine Pflanze zu sein"
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