Geomorphologie: Erosion und Tektonik steuerten Salzkrise im Mittelmeer
Vor etwa fünfeinhalb Millionen Jahren trennten tektonische Vorgänge das Mittelmeer vom Atlantik und lösten so die Messinische Salinitätskrise aus – eine Episode der Erdgeschichte, in der sich durch Verdunstung gigantische Mengen Salz und Gips in den Mittelmeerbecken ablagerten. Doch die Trennung kann zu Anfang nicht vollständig gewesen sein: Mehr als das 50-fache Volumen des Mittelmeers musste verdunsten, um die vorhandenen Ablagerungen zu erklären – doch wenn permanent Wasser nachströmte, wie konnte das Meer so stark versalzen, dass über Zigtausende von Jahren Gips ausfiel? Daniel Garcia-Castellanos und Antonio Villaseñor vom Instituto de Ciencias de la Tierra Jaume Almera in Barcelona haben nun zeigen können, dass eine dynamische Rückkopplung zwischen Erosion und tektonischer Hebung am westlichen Ende des Mittelmeers ein so fragiles Gleichgewicht stabil halten kann.
Bisher mussten Forscher ein äußerst glückliches Zusammentreffen annehmen, um die erste, milde Phase der Messinischen Salinitätskrise zu erklären: Demnach hätten Meeresspiegel und tektonische Hebung über hunderttausende Jahre präzise miteinander Schritt gehalten, um diese speziellen Bedingungen aufrechtzuerhalten – was sehr unwahrscheinlich ist.
Einen Hinweis geben unterschiedlich gefärbte Sedimentschichten in den Gipsablagerungen jener Epoche. Etwa 14 bis 17 Zyklen machen Forscher in den Sedimenten aus. Sie erscheinen nun als direkte Folge einer Rückkopplung zwischen Erosion und tektonischer Hebung, die Garcia-Castellanos und Villaseñor in ihrem Modell entdeckten. In der Simulation gingen die Forscher von einer 60 Meter tiefen Wasserstraße zwischen Mittelmeer und Atlantik aus, die durch tektonische Hebung langsam flacher wird. Doch bevor das Meer komplett abgeschnitten war, kam die Erosion zum Tragen: Je weniger Wasser nämlich durch die flache Meeresstraße nachströmte, desto schneller sank der Meeresspiegel im Mittelmeer durch die permanente Verdunstung.
Durch den Unterschied im Wasserspiegel herrschte nun in der flachen Meeresstraße stärkere Strömung, und die damit einhergehende Erosion trug den angehobenen Meeresboden wieder ab, bis die Wasserstraße erneut so tief war, dass Wasser aus dem Atlantik den Spiegel des Mittelmeers wieder steigen ließ. Mit nachlassender Erosion übernahm die tektonische Hebung wieder das Kommando.
Wie die Wissenschaftler nachwiesen, erfordert dieses Phänomen jährliche Hebungsraten von etwas mehr als einem Millimeter pro Jahr, ein realistischer Wert für vertikale Bewegungen der Kontinente, die durch Vorgänge im Erdmantel angetrieben werden. Die Zyklen aus Erosion und Hebung stabilisierten sich so lange selbst, bis durch eine Veränderung der Situation – härtere Gesteine im Untergrund oder Schwankungen im Meeresspiegel – die Tektonik die Oberhand gewann und das Mittelmeer komplett vom Atlantik abschnitt: bis sich schließlich ein anderer Teil der Region wieder senkte und das Wasser mit Macht ins Mittelmeer zurückströmte.
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