Kometensonde Rosetta: Erste Bilder des Asteroiden Lutetia
Die ESA-Raumsonde Rosetta ist am Samstag, 10. Juli, gegen 18 Uhr an dem Asteroiden Lutetia vorbeigeflogen. Die detaillierten Bilder, aufgenommen vom Kamerasystem OSIRIS, zeigen nicht nur zahlreiche Krater auf der Oberfläche des Asteroiden, sondern auch einzelne Felsbrocken und parallel verlaufende Rillen.
Mit einer Auflösung von etwa 60 Metern pro Pixel ermöglichen die Aufnahmen des Kamerasystems OSIRIS einen detaillierten Blick auf den Asteroiden Lutetia. "Das ist eine völlig neue Welt, die noch niemand zuvor gesehen hat", freut sich Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Leiter des OSIRIS-Teams, noch in derselben Nacht. Der Asteroid, dessen längste Achse etwa 126 Kilometer misst, hat eine ovale Form. Seine Oberfläche zeichnen zahlreiche große und kleine Krater. In einem der größeren Krater zeigen die Bilder sogar Hinweise auf einen Erdrutsch. Stellenweise überziehen zudem parallele Rillen die Oberfläche von Lutetia, deren Ursprung noch unklar ist.
Bereits am Morgen hatte das Kamerasystem OSIRIS den Asteroiden ins Visier genommen. Um 18.10 Uhr näherten sich dann Raumsonde und Asteroid auf den geringsten Abstand von nur 3162 Kilometern an. Der Vorbeiflug erfolgte mit einer Geschwindigkeit von 15 Kilometern pro Sekunde, das entspricht 54.000 Kilometern pro Stunde. Lutetia befand sich zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs 407 Millionen Kilometer von der Sonne und 455 Millionen Kilometer von den Empfangsstationen auf der Erde entfernt. Die Funksignale von Rosetta brauchten nach dem Vorbeiflug gut 25 Minuten, um diese Distanz zu überbrücken.
"Sowohl die Weitwinkel- als auch die Tele-Kamera von OSIRIS haben einwandfrei funktioniert", berichtet Sierks erfreut. Die während des Vorbeiflugs gesammelten Daten leitete das ESA-Kontrollzentrum ESOC in Darmstadt direkt an das Max-Planck-Institut weiter, wo die Forscher den ganzen Tag über und in der Nacht Bilder aus den Rohdaten filterten. Gegen 23 Uhr konnten die Wissenschaftler erste Ergebnisse präsentieren.
Mit der erfolgreichen Passage der Kometensonde am Kleinplaneten (21) Lutetia ist die Mission keineswegs vorbei. Im Gegenteil: Die Auswertung der Daten wird lange Zeit in Anspruch nehmen. Der Vorbeiflug bot die einmalige wissenschaftliche Gelegenheit, Größe, Oberflächenstruktur und Rotationseigenschaften des relativ großen Asteroiden zu untersuchen: "Die hochauflösenden Bilder und Spektrometermessungen aus verschiedenen Aufnahmewinkeln werden Anhaltspunkte für Alter, Mineralogie, Geochemie und die geologische Geschichte von Lutetia geben", erklärt Dr. Ekkehard Kührt vom DLR-Institut für Planetenforschung, der die wissenschaftlichen Beteiligungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt an Rosetta koordiniert.
In den nächsten Tagen und Wochen werden die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung die Bilder von Lutetia weiter auswerten. Dann wird es möglich sein, die Farbe des Asteroiden und damit die chemische Zusammensetzung seiner Oberfläche genauer zu bestimmen. Dabei werden auch die Daten anderer Messinstrumente, die während des Vorbeiflugs aktiv waren, helfen.
Die Raumsonde Rosetta ist seit 2004 unterwegs zum Kometen Tschurjumow-Gerasimenko, auf dem die Landeeinheit Philae 2014 aufsetzen soll. Die komplizierte Bahn hat Rosetta nun zum zweiten und letzten Male durch den Asteroidengürtel geführt. Auch beim ersten Male, im September 2008, zog die Sonde nahe an einem Asteroiden, dem rund fünf Kilometer großen Kleinplaneten Šteins, vorbei. Ab Juli 2011 wird für die Kometensonde eine knapp zweieinhalbjährige Ruhephase beginnen: Erst im Januar 2014 wird Rosetta aus diesem Tiefschlaf erwachen und sich auf die Ankunft bei Tschurjumow-Gerasimenko im Mai 2014 vorbereiten.
OSIRIS, das wissenschaftliche Kamerasystem an Bord von Rosetta, wurde unter Leitung des Max- Planck-Instituts für Sonnensystemforschung entwickelt und gebaut. Es besteht aus einer Weitwinkel- und einer Tele-Kamera. Wissenschaftler des DLR sind ebenfalls an OSIRIS beteiligt, ferner auch an dem Spektrometer VIRTIS, das Zusammensetzung und Temperatur der Oberfläche des Asteroiden misst sowie an dem Instrumentenpaket RPC, das die Plasma-Umgebung und ein mögliches Magnetfeld des Asteroiden erforscht. (UR)
Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung/Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
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