Italien: Erste Bilder einer verschwundenen Römerstadt
Seit Langem liegen die Überreste der alten römischen Stadt Interamna Lirenas für das menschliche Auge unsichtbar unter der Erdoberfläche. Mittels geophysikalischer Untersuchungen gelang es Forschern nun erstmals, sich ein Bild vom Aufbau der Stadt zu machen. Dabei zeigte sich: Die Siedlung war einst offenbar bedeutsamer als bisher vermutet.
Interamna Lirenas, rund 80 Kilometer entfernt von Rom, bestand Schriftquellen zufolge seit 312 v. Chr. als Kolonie der Latiner, 90 v. Chr. erhielten die Bewohner das römische Bürgerrecht. Nachdem die Stadt um 500 n. Chr. verlassen wurde, verschwand sie allmählich von der Oberfläche. Heute wird das Gebiet weiträumig als Ackerland genutzt, ohne dass sichtbare archäologische Spuren auf seine Vergangenheit hindeuten.
Obwohl Archäologen schon länger die genaue Position der antiken Stadt kennen, scheuten sie sich bisher auf Grund der Größe des Areals vor Ausgrabungen. Außerdem vermuteten die Forscher, dass Interamna Lirenas womöglich damals nicht viel mehr als ein verschlafenes Kaff war, das im Großen und Ganzen den anderen Kolonien in der Nähe ähnelte.
Der Archäologe Martin Millett von der University of Cambridge und seine Kollegen konnten diese These nun widerlegen. Sie untersuchten das Gebiet mittels der Magnetometrie und eines "Ground Penetrating Radars". Mit Hilfe der Magnetometrie lassen sich Veränderungen im Magnetfeld der Erde ausmachen, die etwa durch archäologische Überreste im Erdboden verursacht werden, während mit den Radiowellen eines GPRs die Zusammensetzung des Erdreichs analysiert werden kann. Auf diese Weise gelang es, einen Stadtplan mit allen wichtigen Gebäuden von Interamna Lirenas zu erstellen.
Zu ihrer Überraschung stießen die Archäologen auf ein riesiges Forum im Stadtzentrum sowie auf einen beeindruckenden Theaterbau, der vermutlich um die Zeitenwende entstand. "Die Bilder legen nahe, dass Interamna Lirenas einst ein belebter und geschäftiger Ort war, auch wenn Forscher es lange für unbedeutend hielten", so Millett. "Untersuchungen der umgebenden Landschaft haben zudem gezeigt, dass auch das nahe gelegene Ackerland blühte und gedieh."
Anhand von weiteren Analysen wollen die Forscher bald auch herausfinden, wie viele Menschen tatsächlich in der alten Stadt lebten. Schätzungen zufolge waren es einige tausend. Ebenso sind bereits die ersten Grabungen in Planung.
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