Kosmische Vergangenheit: Erste Blicke in die dunkle Ära
Ein Stern, der vor über 13 Milliarden Jahren explodierte, liefert uns heute wertvolle Informationen über die Frühzeit des Universums. Und bricht nebenbei den bisherigen Entfernungsrekord.
Das schwerste Schwarze Loch, der erdähnlichste Planet oder die am weitesten entfernte Galaxie – je besser die Teleskope, desto rekordverdächtiger die Funde. Aber manchmal gehört auch Glück dazu. Genau das hatten Astronomen am 23. April 2009, als sie im Sternbild Löwe einen Gammastrahlenausbruch entdeckten, ausgelöst durch die Explosion eines massereichen Gestirns.
Der helle Lichtblitz hielt zwar nur wenige Sekunden an, doch sein Nachleuchten war noch für zwei Monate am Nachthimmel nachweisbar. Weltweit verfolgten erdgebundene Teleskope das Geschehen in unterschiedlichen Spektralbereichen. Und sie alle bestätigten den neuen Sieger im Wettbewerb: GRB 090423 entsandte seine hochenergetische Strahlung vor mehr als 13 Milliarden Jahren – das Universum war damals gerade einmal 630 Millionen Jahre alt. Absoluter Rekord. Der bisherige Spitzenreiter war eine 150 Millionen Jahre jüngere Galaxie.
Suppe aus Elementarteilchen
Der Neufund fällt in eine kosmologische Epoche, über die bisher nur wenige Beobachtungsdaten existieren. Das dunkle Zeitalter, wie es genannt wird, begann allerdings schon viel früher. 380 000 Jahre nach dem Urknall, hatte sich die Elementarteilchensuppe des Universums so weit abgekühlt, dass sich Protonen, Neutronen und Elektronen zu neutralen Atomen verbündeten – vorwiegend zu Wasserstoff und Helium.
Aus dieser Zeit stammt die heute noch aus allen Richtungen auf die Erde treffende Mikrowellenhintergrundstrahlung, mit deren Hilfe Astronomen ein recht genaues Bild vom frühen Universum zeichnen konnten. Doch was in den kommenden Millionen Jahren passierte, ist mehr oder weniger Spekulation. Fest steht: Es müssen sich bedeutende Änderungen im Kosmos abgespielt haben.
Jetzt, ein halbes Jahr später, haben zwei Wissenschaftlerteams einen Teil der im Frühjahr gesammelten Daten ausgewertet. Nial Tanvir von der University of Leicester und seine Kollegen hatten mit dem Very Large Telescope in Chile das Nachleuchten im nahen Infrarot angeschaut, rund 17 Stunden nach dem Ausbruch [1]. Ruben Salvaterra vom Istituto Nazionale di Astrofisica in Italien und seine Gruppe richteten das Telescopio Nazionale Galileo in Spanien bereits drei Stunden früher auf dasselbe Ziel [2].
Auf der Suche nach dem Vorgänger
Sie stellten fest, dass das Nachleuchten im Röntgen- und Infrarotbereich sich nicht sehr von näheren, rund zehn Milliarden Jahren jüngeren Exemplaren unterscheidet. Die Vorgängersterne müssten also in beiden Fällen zumindest ähnlich sein, vermuten die Forscher. Beobachtungen im Radiobereich bestätigen dies ebenfalls [3]. Damit zählte das Gestirn, das zu GRB 090423 wurde, also sehr wahrscheinlich nicht zu den ersten Sternen. Diese sollen viel heller, heißer und zudem massereicher gewesen sein. Salvaterra und sein Team ordnen den Vorgänger stattdessen der zweiten Sterngeneration zu, vielleicht angesiedelt in einer Zwerggalaxie – umgeben von dünn, aber relativ einheitlich verteiltem Gas.
Rätsel gibt die kurze Dauer des untersuchten Gammablitzes auf. Denn in näheren Gefilden kennen Astronomen ein derart kurzes Aufleuchten nur von Ereignissen, bei denen zwei kompakte Objekte miteinander verschmelzen und dadurch die Explosion auslösen. Das halten die beiden Teams im Fall von GRB 090423 aber für unrealistisch und favorisieren weiterhin den Zusammensturz eines massereichen Sterns als Ursache.
Womöglich ändern sich die Eigenschaften der Vorläufersterne mit zunehmender Entfernung. Aber auch viele trivialere Erklärungen wären denkbar: Vielleicht wurde die Dauer des Ausbruchs, wie sie vor Ort zu beobachten war, auch einfach falsch abgeschätzt, spekulieren Tanvir und Co. Nicht nur dieser Ungewissheit wegen, sind die Wissenschaftler längst auf der Jagd nach noch weiter entfernten Gammastrahlenausbrüchen.
Schnelles Handeln erforderlich
Anhand dieser frühzeitlichen Explosionen ließe sich womöglich der Weg aus dem dunklen Zeitalter nachvollziehen. Denn die Form der empfangenen Spektrallinien gibt Auskunft über den Anteil des neutralen Gases im antiken intergalaktischen Medium. Und somit könnten die Wissenschaftler auf den Fortschritt der Reionisation zur Zeit der jeweiligen Detonation schließen. Um die Geschichte zu rekonstruieren, bedarf es natürlich einer Reihe von weiteren Funden.
Vor allem müssten schleunigst – noch während die Gammastrahlenausbrüche hell am Himmel erstrahlen – hochauflösende Spektren aufgezeichnet werden. Erst dann ließen sich umfangreiche Informationen über das frühe Universum gewinnen, erläutert Bing Zhang von der University of Nevada in einem begleitenden Artikel. Ein Zusammenspiel aus geplanten Weltraumteleskopen sowie erdgebundenen Instrumenten könnte das in Zukunft womöglich leisten, so der Autor. Im Fall von GRB 090423 entstanden die gewünschten Spektren leider erst 14 Stunden nach dem Ausbruch, wodurch wertvolle Hinweise verloren gingen.
Der helle Lichtblitz hielt zwar nur wenige Sekunden an, doch sein Nachleuchten war noch für zwei Monate am Nachthimmel nachweisbar. Weltweit verfolgten erdgebundene Teleskope das Geschehen in unterschiedlichen Spektralbereichen. Und sie alle bestätigten den neuen Sieger im Wettbewerb: GRB 090423 entsandte seine hochenergetische Strahlung vor mehr als 13 Milliarden Jahren – das Universum war damals gerade einmal 630 Millionen Jahre alt. Absoluter Rekord. Der bisherige Spitzenreiter war eine 150 Millionen Jahre jüngere Galaxie.
Suppe aus Elementarteilchen
Der Neufund fällt in eine kosmologische Epoche, über die bisher nur wenige Beobachtungsdaten existieren. Das dunkle Zeitalter, wie es genannt wird, begann allerdings schon viel früher. 380 000 Jahre nach dem Urknall, hatte sich die Elementarteilchensuppe des Universums so weit abgekühlt, dass sich Protonen, Neutronen und Elektronen zu neutralen Atomen verbündeten – vorwiegend zu Wasserstoff und Helium.
Aus dieser Zeit stammt die heute noch aus allen Richtungen auf die Erde treffende Mikrowellenhintergrundstrahlung, mit deren Hilfe Astronomen ein recht genaues Bild vom frühen Universum zeichnen konnten. Doch was in den kommenden Millionen Jahren passierte, ist mehr oder weniger Spekulation. Fest steht: Es müssen sich bedeutende Änderungen im Kosmos abgespielt haben.
Denn bereits 800 bis 900 Millionen Jahren nach dem Urknall war der intergalaktische Raum nicht mehr von neutralen, sondern von ionisierten Atomen erfüllt – so wie auch heute noch. Damit war das All auch durchsichtig für ultraviolettes Licht, denn die neutralen Wasserstoffatome hatten vorher – in der dunklen Ära – diese Wellenlängen absorbiert. Für die Re-Ionisation machen Wissenschaftler die ersten Sterne und später auch Galaxienkerne verantwortlich, deren Strahlung den umliegenden Gasatomen die Elektronen wieder entriss. Der genaue Zeitplan dieser Phase ist allerdings kaum bekannt. Gehörte vielleicht sogar das Gestirn, das als GRB 090423 endete, zu dieser ersten Population von Sternen, die das dunkle Zeitalter beendeten?
Jetzt, ein halbes Jahr später, haben zwei Wissenschaftlerteams einen Teil der im Frühjahr gesammelten Daten ausgewertet. Nial Tanvir von der University of Leicester und seine Kollegen hatten mit dem Very Large Telescope in Chile das Nachleuchten im nahen Infrarot angeschaut, rund 17 Stunden nach dem Ausbruch [1]. Ruben Salvaterra vom Istituto Nazionale di Astrofisica in Italien und seine Gruppe richteten das Telescopio Nazionale Galileo in Spanien bereits drei Stunden früher auf dasselbe Ziel [2].
Auf der Suche nach dem Vorgänger
Sie stellten fest, dass das Nachleuchten im Röntgen- und Infrarotbereich sich nicht sehr von näheren, rund zehn Milliarden Jahren jüngeren Exemplaren unterscheidet. Die Vorgängersterne müssten also in beiden Fällen zumindest ähnlich sein, vermuten die Forscher. Beobachtungen im Radiobereich bestätigen dies ebenfalls [3]. Damit zählte das Gestirn, das zu GRB 090423 wurde, also sehr wahrscheinlich nicht zu den ersten Sternen. Diese sollen viel heller, heißer und zudem massereicher gewesen sein. Salvaterra und sein Team ordnen den Vorgänger stattdessen der zweiten Sterngeneration zu, vielleicht angesiedelt in einer Zwerggalaxie – umgeben von dünn, aber relativ einheitlich verteiltem Gas.
Rätsel gibt die kurze Dauer des untersuchten Gammablitzes auf. Denn in näheren Gefilden kennen Astronomen ein derart kurzes Aufleuchten nur von Ereignissen, bei denen zwei kompakte Objekte miteinander verschmelzen und dadurch die Explosion auslösen. Das halten die beiden Teams im Fall von GRB 090423 aber für unrealistisch und favorisieren weiterhin den Zusammensturz eines massereichen Sterns als Ursache.
Womöglich ändern sich die Eigenschaften der Vorläufersterne mit zunehmender Entfernung. Aber auch viele trivialere Erklärungen wären denkbar: Vielleicht wurde die Dauer des Ausbruchs, wie sie vor Ort zu beobachten war, auch einfach falsch abgeschätzt, spekulieren Tanvir und Co. Nicht nur dieser Ungewissheit wegen, sind die Wissenschaftler längst auf der Jagd nach noch weiter entfernten Gammastrahlenausbrüchen.
Schnelles Handeln erforderlich
Anhand dieser frühzeitlichen Explosionen ließe sich womöglich der Weg aus dem dunklen Zeitalter nachvollziehen. Denn die Form der empfangenen Spektrallinien gibt Auskunft über den Anteil des neutralen Gases im antiken intergalaktischen Medium. Und somit könnten die Wissenschaftler auf den Fortschritt der Reionisation zur Zeit der jeweiligen Detonation schließen. Um die Geschichte zu rekonstruieren, bedarf es natürlich einer Reihe von weiteren Funden.
Vor allem müssten schleunigst – noch während die Gammastrahlenausbrüche hell am Himmel erstrahlen – hochauflösende Spektren aufgezeichnet werden. Erst dann ließen sich umfangreiche Informationen über das frühe Universum gewinnen, erläutert Bing Zhang von der University of Nevada in einem begleitenden Artikel. Ein Zusammenspiel aus geplanten Weltraumteleskopen sowie erdgebundenen Instrumenten könnte das in Zukunft womöglich leisten, so der Autor. Im Fall von GRB 090423 entstanden die gewünschten Spektren leider erst 14 Stunden nach dem Ausbruch, wodurch wertvolle Hinweise verloren gingen.
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