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Paläobiologie: Erste Embryos entpuppen sich als fossile Sporenschleudern

Fossile Zellen mit Zellkern

Vor 13 Jahren entdeckten Paläontologen versteinerte Überreste von Lebewesen in Südchina, die bald als die ältesten versteinerten Embryos früher Tiere aus dem Proterozoikum vor 570 Millionen Jahren galten – der Zeit der Ediacara-Fauna. Alternativ zogen Wissenschaftler in Betracht, dass es sich um die fossilen Überreste riesiger Bakterien handeln könnte. Beides scheint nach einer neuen Untersuchung nun vermutlich falsch. Doch das Ergebnis von Therese Huldtgren vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte in Stockholm und ihren Kollegen ist nicht weniger spektakulär als die ursprünglichen Vermutungen [1]: Die Fossilien bewahrten offensichtlich unterschiedlich reife Vermehrungsstadien im asexuellen Lebenszyklus eines amöbenartigen Organismus.

Fossile Zellen mit Zellkern | Dieses Fossil ist 570 Millionen Jahre alt – und nicht größer als ein Sandkorn (im Hintergrund das tragende Gestein). Mit Hilfe eines Hochleistungsmikroskops konnten die Forscher Zellen und Zellkerne ausfindig machen (gelb gefärbt). Das Fossil ähnelt einem Embryo in einem frühen Stadium, ist aber tatsächlich keiner.

Die Wissenschaftler wiesen mit einem hochenergetischen Röntgenstrahlmikroskop nach, dass die fraglichen Versteinerungen Eigenschaften und Bestandteile aufweisen, die nicht auf mehrzellige Embryos von Tieren passen. Stattdessen gleicht ihr Entwicklungsmuster jenem von eng mit ihnen verwandten Einzellern, den so genannten Mesomycetozoa. Unter dem Mikroskop erkannten die Forscher, wie die Zellen einst organisiert waren. In einigen Fällen blieb der Zellkern erstaunlich gut erhalten: Wo er in die Länge gezogen erscheint, war die ursprüngliche Zelle während der Teilung abgestorben; eine ganz ähnliche Form nimmt der Kern auch heute noch phasenweise in sich teilenden Zellen an. Die fossil konservierten Zellen wurden einst in phosphatreichen Sedimenten abgelagert, wo das Phosphat rasch die Zellwände imprägnierte und sie so versteinert erhielt.

Im Gegensatz zu früheren Studien sortierte Huldtgrens Team die fossilen Zellstadien nach ihrem Entwicklungsgrad. Daraus ließ sich folgern, dass die Forscher nicht etwa heranwachsende Embryos vor sich hatten: So bilden sie etwa kein ausdiffenziertes Epithel, wie es für heranwachsende Vielzeller zu erwarten wäre. Stattdessen enthielten fortgeschrittene Entwicklungsstufen teilweise tausende kleine Zellen, die die Paläobiologen als Diasporen interpretieren. Gleichzeitig stießen sie auf Strukturen, die zur Produktion und Verteilung dieser Sporen gedient haben dürften. Manche Exemplare wiesen zudem teilweise aufgerissene Zellwände auf: Die Organismen waren also womöglich gerade dabei, ihre Sporen freizusetzen. Andere der amöbenartigen Einzeller haben sich in einer Weise in zwei, vier, acht und mehr Zellen aufgeteilt, wie es heute tierische Embryos tun, weshalb frühere Studien sie auch in diesem Sinne einordneten. Insgesamt könnte es sich bei den Überresten also um ein Übergangsstadium zu den höher entwickelten Tieren handeln, so die Schlussfolgerung von Huldtgren und Co.

Kurz vor der Sporenfreisetzung | In den frühen Entwicklungsphasen ähnelt das Fossil einem runden Embryonalstadium von Tieren. Spätere Phasen (rechts) zeigen an, wie das Gebilde reift und Sporen freisetzt. In Violett sind die Zellkerne angedeutet.

Andere Paläobiologen sind allerdings nicht völlig überzeugt: In einem begleitenden Text in "Science" schließt Nicholas Butterfield von der University of Cambridge nicht aus, dass es sich bei den Fossilien auch um frühe Algen handeln könnte [2]. Vertreter der Gattung Volvox – primitive Vielzeller – wiesen erstaunliche Ähnlichkeiten zu den chinesischen Mikrofossilien auf. Iñaki Ruiz-Trillo von der Universität in Barcelona denkt wiederum, es könnte sich um fossile Pilze handeln. Es dauert also wohl noch eine Weile, bis endgültig klar ist, was damals versteinert wurde.

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