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Radioastronomie: Erste Erkenntnisse aus der fernen Kälte

Seit nun über einem Jahr tilgt das Apex-Teleskop in Chile Wissenslücken von der kosmischen Landkarte - es liefert seitdem Erkenntnisse aus dem vernachlässigten Submillimeterbereich und erlaubt Rückschlüsse darüber, wie die ersten Sterne und die Galaxien entstanden sind.
 Das APEX-12-Meter-Teleskop für Submillimeter-Astronomie liefert erste Ergebnisse
Gleich gut zwei Dutzend frische Veröffentlichungen belegen den Wert des vor einem Jahr in Betrieb gegangenen "Atacama Pathfinder Experiment" (APEX). Das 12-Meter-Teleskop für Wellenlängen im Submillimeterbereich – es steht auf dem 5100 Meter hohen Chajnantor-Plateau der Atacamawüste in Chile, dem vermutlich trockensten Ort auf der Erde – scheint tatsächlich empfindlich und abbildungsgenau genug, um seine hochgesteckten Ziele Aufgaben zu erfüllen und Fragen der Sternentstehung und der Astrochemie zu beantworten, freuen sich die Betreiber vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie, der Europäischen Südsternwarte (ESO) und dem schwedischen Onsala Space Observatory.

APEX, entworfen für den Wellenlängenbereich von 0,2 bis 1,5 Millimeter, bietet von seinem ganz außergewöhnlichen Standort aus einen Zugang zu ganz neuen Bereichen in der astronomischen Beobachtung: Mit Millimeter- und Submillimeterastronomie sollen die Bildung der allerersten Galaxien im Universum, die Entstehungsprozesse von Sternen und Planeten und die Chemie und Physik von Molekülwolken – also den dichten Gas- und Staubregionen, in denen neue Sterne entstehen – erforscht werden.

Neue Moleküle und Wellenlängenlimits

Zu den ersten Erfolgen von APEX gehört etwa die Entdeckung eines bisher unbekannten, geladenen interstellaren Moleküls: Mit APEX und dem 30-Meter-Teleskop von IRAM gelang die Beobachtung des aus Kohlenstoff und Fluor bestehenden Ions CF+. Bisher konnte man im Weltall nur eine einzige fluorhaltige Molekülsorte, HF, nachweisen. Das neu entdeckte Ion, das durch eine Reaktion von Kohlenstoff und dem HF-Molekül entsteht, fanden die Radioastronomen in der Nachbarschaft des Orionnebels, einer der nächsten und aktivsten Sterngeburtsstätten unserer Milchstrasse. Diese Entdeckung unterstützt das Verständnis der Astronomen von der interstellaren Fluorchemie und legt nahe, dass das HF-Molekül in interstellaren Molekülwolken weit verbreitet ist.

Das APEX-Teleskop in Chile | APEX auf der Chajnantor-Hochebene. Das APEX-Teleskop befindet sich auf der 5100 Meter hohen Chajnantor-Hochebene der Atacamawüste, nahe am zukünftigen Standort des geplanten ALMA-Observatoriums.
Eine weitere Premiere, wiederum im Oriongebiet, war die Entdeckung der 0,2 Millimeter-Strahlung von Kohlenmonoxid (CO). Derart kurze Wellenlängen sind für die Forschung eine besondere Herausforderung, weil der Wasserdampf der Erdatmosphäre sie noch stärker absorbiert als die übrigen Wellenlängen im Submillimeterbereich, und weil sie am äußersten Rand des Bereichs liegen, für den APEX konzipiert wurde. Die Entdeckung von CO bei diesen allerkürzesten – von der Erde aus in einem der Submillimeter-"Fenster" – zugänglichen Wellenlängen bezeugt die hervorragende Qualität des APEX-Teleskops.

Darüber hinaus entdeckten die Wissenschaftler in mehreren kalten Dunkelwolken des Südhimmels die Strahlung eines Moleküls, das aus Wasserstoff und Deuterium (H2D+) besteht. Dieses Molekül ist von besonderer interstellarer Bedeutung, weil es noch in extrem kalten Gasen (wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt) auftritt, also bei Temperaturen, unter denen schon fast alle anderen Molekülsorten an der Oberfläche von interstellaren Staubkörnern ausgefroren und deshalb kaum noch zu beobachten sind.

Tiefe Blicke auf die Säulen der Schöpfung

Die "Säulen der Schöpfung" | Die Säulen der Schöpfung, hier fotografiert vom Hubble-Weltraumteleskop: Im Zentrum des 6000 Lichtjahre entfernten Adlernebels IC 4703 beim offenen Sternhaufen (M16) fanden Astronomen riesige Staubsäulen, die durch die Beleuchtung der umgebenden jungen Sterne ungewöhnlich plastisch erscheinen. APEX konnte im Submillimeterbereich nun erstmals auch atomaren Kohlenstoff in den Säulen nachweisen.
Dies sind aber nicht die einzigen neuen Befunde: Hinzu kommt beispielsweise die Erstbeobachtung von atomarem Kohlenstoff in den so genannten "Säulen der Schöpfung" im Adlernebel (alias Messier 16) sowie Untersuchungen von Entstehungsregionen massereiche Sterne und eingebetteter heißer Kerne im Submillimeterbereich. Ferner gelang es, die Masse und Energiebilanz molekularer Ausflüsse von hoher Geschwindigkeit zu bestimmen, die von jungen stellaren Objekten in diesen Regionen ausgehen. Systematische Messungen zeigten die besondere Vielfalt der Molekülsorten, die im Submillimeterband zu beobachten sind.

Submillimeterbeobachtungen molekularer Gebiete in der Zwerggalaxie NGC 6822 und der Starburst-Galaxie NGC 253 belegen, dass APEX auch zur Erforschung von extragalaktischen Quellen benutzt werden kann.

Neben diesen astronomischen Studien veröffentlichen die Betreiber nun auch eine Reihe von wissenschaftlichen Beiträgen in mit den technischen Aspekten von APEX, wie etwa dem Teleskop selbst, seiner Software, seinen Empfängern und Spektrometern. Letztere wurden am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und an der Chalmers-Universität in Schweden entwickelt, während der Gastempfänger für 0,2 Millimeter-Strahlung an der Universität Köln gebaut wurde.

APEX soll auch Wegbereiter für das wesentlich größere ALMA-Projekt (Atacama Large Millimeter Array) sein: Es verwendet einen modifizierten Prototypen der ALMA-Antennen und steht am Ort des zukünftigen ALMA-Observatoriums. ALMA soll aus einem riesigen Netzwerk von Dutzenden von 12-Meter-Antennen sein, die bis zu 14 Kilometer voneinander entfernt sind. ALMA soll gegen Ende dieses Jahrzehnts Schritt für Schritt in Betrieb gehen. Dieses Teleskop-Netzwerk wird es ermöglichen, in der Submillimeterastronomie die radioastronomische Technik der Apertursynthese zu nutzen, was eine genaue Abbildung von Objekten auf Skalen unterhalb einer Bogensekunde ermöglicht und auf diese Weise die optischen Beobachtungen des VLT/ VLTI-Observatoriums der ESO ergänzen soll.

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