Weltraumteleskop Euclid: Erste Karte mit Millionen von Galaxien
Woraus besteht Dunkle Materie? Was steckt hinter der mysteriösen Dunklen Energie? Nach wie vor sind diese beiden großen Rätsel der Kosmologie ungelöst. Das Weltraumteleskop Euclid der Europäischen Weltraumbehörde ESA soll mit einer mehrjährigen Beobachtungskampagne helfen, diese Geheimnisse zu lüften. Eine erste Karte des Südhimmels demonstriert, dass wir viel von der jüngst begonnenen Kosmologiemission erwarten dürfen.
Am 1. Juli 2023 startete Euclid an Bord einer Falcon-9-Rakete ins All. Das Weltraumteleskop ist mit einem 1,2-Meter-Hauptspiegel ausgestattet und kann mit zwei Kameras Himmelsobjekte im optischen und im nahinfraroten Bereich aufnehmen. Seit Februar 2024 wird mit Euclid wissenschaftlich beobachtet. Schon die ersten, zuletzt im Mai 2024 veröffentlichten Bilder waren beeindruckend.
3-D-Karte des Universums
Euclid soll gut ein Drittel des ganzen Himmels erfassen und helfen, von rund zwei Milliarden Galaxien wertvolle Informationen wie Position und Entfernung zu ermitteln. Deren Strahlung war bis zu zehn Milliarden Jahre unterwegs, um zur Erde zu gelangen. Nach sechs Jahren wird aus den gesammelten Daten eine umfassende 3-D-Karte des Universums erstellt. Mit ihr soll die wahre Natur von Dunkler Materie und Dunkler Energie entschlüsselt werden.
Diesem Ziel sind die Forschenden nun einen großen Schritt näher gekommen. ESA-Chef Josef Aschbacher enthüllte am 15. Oktober 2024 auf einem Kongress in Mailand ein Mosaik aus Milliarden Pixeln (siehe »Ein Streifen des Südhimmels«). Der riesige Streifen ist etwa 500-mal so groß wie der Vollmond und zeigt einen Bereich am Südhimmel. Im Frühjahr 2024 wurden mit Euclid 260 Einzelbeobachtungen durchgeführt, die dann zusammengesetzt wurden. Es ist eine erste beeindruckende Kostprobe davon, was wir von dem Weltraumteleskop in den nächsten Jahren erwarten dürfen.
Das Mosaik macht etwa ein Prozent der kompletten Himmelsdurchmusterung aus, die mit Euclid ansteht. Die Aufnahme enthält zirka 100 Millionen Sterne und Galaxien. Davon sind ungefähr 14 Millionen Galaxien gut geeignet, um mit ihnen Kosmologie zu betreiben. Euclid ist darauf spezialisiert, Galaxien extrem scharf abzubilden. Das ist wichtig, weil ihre Gestalt durch den Einfluss Dunkler Materie, die sich entlang der Sichtlinie befindet, geringfügig verzerrt werden kann. Die statistische Analyse immens vieler derart verzerrter Galaxienbilder wird es erlauben, die Verteilung Dunkler Materie in drei Dimensionen bis zu hohen Distanzen zu kartografieren. Das ist eines der Hauptziele der Mission.
Bewährt sich Einsteins Λ?
Nach dem kosmologischen Standardmodell sind die Welteninseln eingebettet in Dunkle Materie. Sie ist dafür verantwortlich, dass unter dem Einfluss der Gravitation Galaxien und Galaxienhaufen entstehen. Auf einer noch viel größeren Längenskala von etwa einer Milliarde Lichtjahren werden die Effekte der Dunklen Energie wirksam. Sie ist antigravitativ und sorgt dafür, dass sich Galaxien voneinander entfernen und das Universum beschleunigt expandiert.
Zurzeit gilt in der Fachwelt Einsteins kosmologische Konstante Λ als favorisierte Form der Dunklen Energie. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine kleine unveränderliche Zahl, die in der berühmten Feldgleichung der allgemeinen Relativitätstheorie steckt. Albert Einstein formulierte vor gut 100 Jahren die Gleichung. Sie beschreibt bislang am besten das beschleunigt expandierende Universum und außerdem sämtliche Phänomene, die im Zusammenhang mit der Gravitation stehen – wie Schwarze Löcher und Gravitationswellen.
Euclid wird auch die Modelle für Dunkle Energie auf die Probe stellen. Einsteins Λ würde in unterschiedlichen Entfernungen nicht variieren, aber vielleicht lässt sich mit Euclid eine Variation aufspüren. Das würde die Standardkosmologie in Frage stellen.
Vorgeschmack auf mehr
Täglich sendet Euclid etwa 100 Gigabyte an Daten zur Erde. Das Euclid-Konsortium wertet die gigantischen Datenmengen in einem europäischen Netzwerk aus neun Datenzentren aus. Im Frühjahr 2025 sollen weitere Veröffentlichungen folgen. Die Resultate für die Kosmologie werden für den Sommer 2026 erwartet.
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