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Geochemie: Erste Schritte der Erdölbildung entschlüsselt

Ein rein chemischer Prozess in der frühen Phase der Sedimentablagerung spielt bei der Stabilisierung darin vorhandener, aber abgestorbener organischer Verbindungen und der nachfolgende Umwandlung zu Erdöl eine entscheidende Rolle. Die These, es wären in erster Linie Mikroorganismen, welche die ungesättigten Kohlenstoffketten in stabile Formen überführen, muss demnach revidiert werden.

Ein Forscherteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich sowie der Louis-Pasteur-Universität in Straßburg um Pierre Albrecht haben für ihre Studie Wasserproben und Sedimente aus dem Cadagnosee im Kanton Tessin untersucht. Der Bergsee weist einige Besonderheiten auf, wie Stefano Bernasconi vom Geologischen Institut der ETH Zürich erklärt. Das rund zwanzig Meter tiefe Gewässer verfügt über eine äußerst stabile Schichtung: Oben ist das Wasser sauerstoffhaltig, unten hingegen herrschen anaerobe Bedingungen. Die beiden Wasserpakete sind durch eine scharfe, rund einen Meter dicke Schicht voneinander getrennt, in der hoch spezialisierte, rötlich gefärbte Bakterien ihren Lebensraum finden.

Anaerob ist die untere Schicht, weil Unterwasser-Quellen sulfathaltiges Wasser in den See einbringen. Das Sulfat wird von den Bakterien im Sediment und in der unteren Wasserschicht zu Schwefelwasserstoff umgewandelt. Dadurch entstehen die Voraussetzungen, dass abgestorbenes organisches Material besser konserviert werden kann. Die rötlichen Bakterien in der Grenzschicht nützen den Schwefelwasserstoff für eine spezielle Form von Fotosynthese und verhindern so, dass dieser in die obere Wasserschicht entweicht – ähnliche Verhältnisse waren in erdgeschichtlicher Zeit in vielen Meeresbecken anzutreffen, in denen Erdöl entstand.

Die Forscher haben nun festgestellt, dass die Umwandlung von gewissen organischen Verbindungen, die für Bakterien und Algen typisch sind, in Anwesenheit von Schwefelwasserstoff offenbar kurz nach dem Absterben der Lebewesen einsetzt. Teilweise gesättigte Kohlenstoffketten findet man bereits in den obersten Sedimentschichten, die erst vor kurzem abgelagert wurden. Auffallend ist auch, dass das Aufbrechen der Doppelbindungen an beliebigen Stellen entlang der Kohlenstoffketten stattfindet. Das deutet laut Bernasconi darauf hin, dass die Umwandlung nicht durch Mikroorganismen verursacht wird, weil diese mit ihrem Stoffwechsel in der Regel an bestimmten Stellen ansetzen würden.

Die chemische Reaktion verläuft dabei in zwei Schritten: Zuerst bindet sich eine einfache Schwefel-Wasserstoff-Gruppe an die Kohlenstoffkette. In einem zweiten Schritt wird diese Gruppe dann reduziert; das Schwefel-Atom wird herausgelöst, sodass nur noch ein Wasserstoff-Atom übrig bleibt.

Ihre These konnte die Gruppe mit Laboruntersuchungen bestätigen. Die Wissenschaftler hatten künstliche Lösungen mit den entsprechenden organischen Verbindungen bei 50 bis 90 Grad Celsius einige Wochen lang reagieren lassen: Im Labor fand genau dieselbe Umwandlung statt, wie sie in den Sedimenten des Sees beobachtet wurde.

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