Fremde Sonnensysteme: Erster Exoplanet in direkter Nachbarschaft?
Mit einer Distanz von rund vier Lichtjahren ist Alpha Centauri das uns nächstgelegene Sternsystem. Um eines der Gestirne haben Xavier Dumusque von der Universität in Porto und seine Kollegen nun vielleicht einen Planeten – ähnlich massereich wie die Erde – aufgespürt [1]. Falls sich der Verdacht bestätigt, handelt es sich dabei um den bisher nächsten Exoplaneten zu unserem Sonnensystem.
Das Team beobachtete das Alpha-Centauri-System über vier Jahre hinweg mit dem Spektrografen HARPS am 3,6-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO in Chile. Das Instrument zerlegt Sternlicht sehr präzise in seine Spektralfarben, wodurch Astronomen über Lichtjahre hinweg selbst auf minimale Sternbewegungen relativ zur Erde schließen können. Taumelt ein Gestirn periodisch hin und her, deutet das auf einen Begleiter hin, der mit seiner Schwerkraft am Mutterstern zerrt. Ähnliche Signale können allerdings auch durch eine veränderliche Sternaktivität vorgetäuscht werden. Deshalb simulierte das Team im Computer, wie sich dieser Effekt auf das Sternspektrum auswirkt und filterten ihn anschließend aus den Daten heraus. "Am Ende hatten wir ein winziges, aber dennoch reales Signal eines Planeten gefunden, der Alpha Centauri B alle 3,2 Tage umrundet", berichtet Dumusque.
Demnach bewegt sich der sonnenähnliche Stern mit einer Geschwindigkeit von weniger als zwei Kilometer pro Stunde auf die Erde zu und von ihr fort. Daraus schließen die Astronomen auf einen Begleiter, der etwa die Erdmasse aufweist – und damit der "leichteste", der mit dieser Methode jemals entdeckt wurde. Der Planet befinde sich etwa sechs Millionen Kilometer von seinem Stern entfernt, deutlich näher als Merkur in unserem Sonnensystem. Obwohl Alpha Centauri B etwas kleiner und lichtschwächer ist als unser Zentralgestirn, liegt er damit außerhalb der habitablen Zone, in der eventuell vorhandenes Wasser flüssig sein würde.
Damit fällt der neu entdeckte Planet zwar als Zwilling der Erde durch. Da Mehrfachsysteme im Weltall aber durchaus verbreitet zu sein scheinen, spekulieren Dumusque und sein Team darauf, dass womöglich noch andere Planeten in dem System zu finden sind – vielleicht sogar in der bewohnbaren Zone. Die nun eingesetzte Nachweismethode sollte jedenfalls die nötige Präzision bieten, um nach solchen Planeten zu suchen: "Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt hin zum Nachweis einer zweiten Erde in der unmittelbaren Umgebung der Sonne. Wir leben in spannenden Zeiten!", fasst Dumusque zusammen.
Artie Hatzes von der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg zeigt sich in einem begleitenden Artikel allerdings skeptisch über den neuen Fund. Auch wenn sich ein planetenähnliches Signal in den Daten finden lasse, so sei es schwach und überlagert von einem stärkeren, komplizierteren Signal. "Meiner Ansicht nach, ist die Sache noch nicht endgültig entschieden", schreibt Hatzes [2]. Alternative analytische Methoden, mit denen sich der Einfluss der Sternaktivität herausfiltern lässt, würden auf Basis derselben Daten vielleicht zu anderen Ergebnissen gelangen. Einen wasserdichten Beweis müssten in den kommenden Monaten weitere Analysen und am besten unabhängige Messungen mit anderen Instrumenten liefern.
Bislang konnten Astronomen mehr als 800 Planeten um ferne Sterne nachweisen, wobei es sich größtenteils um Gasriesen wie Jupiter handelt. Der Nachweis eines erdähnlichen Planeten in der bewohnbaren Zone um einen sonnenähnlichen Stern gestaltet sich jedoch wegen des schwachen Signals extrem schwierig. Wegen seiner Nähe würde sich Alpha Centauri besonders gut eignen, um beispielsweise die Beschaffenheit der Oberfläche oder, falls vorhanden, der Atmosphäre von extrasolaren Planeten zu erforschen. In dem Dreifachsystem befindet sich neben den zwei sonnenähnlichen Sternen Alpha Centauri A und B auch der lichtschwache Rote Zwerg Proxima Centauri.
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