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Hochleistungsrechnen: Erster hybrider Quantencomputer in München vorgestellt

In einem Rechenzentrum bei München haben Fachleute einen Quantenprozessor in einen Hochleistungsrechner integriert. Das soll die Grenzen der klassischen Computertechnologie überwinden helfen.
Die weiße Hülle eines Kryostaten umgibt den 20-Qubit-Prozessor von IQM
Der 20-Qubit-Prozessor verbirgt sich in dem Kryostaten, der den Chip mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt herunterkühlt. Im Hintergrund sind die Schränke des Supercomputers SuperMUC-NG zu sehen.

In München haben Fachleute für Quantencomputing und Hochleistungsrechnen einen Hybriden aus beiden Gebieten geschaffen. Erstmals sei es gelungen, einen Quantenprozessor in einen Supercomputer zu integrieren, erklärten Projektverantwortliche vom Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) und vom finnisch-deutschen Start-up IQM. Erfolgreiche Testläufe hätten gezeigt, dass die beiden Technologien zusammen funktionierten. Das System namens Q-Exa soll demnächst für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden.

Bei Q-Exa arbeitet ein auf supraleitenden Schaltkreisen basierender Quantenprozessor von IQM bestehend aus 20 Qubits mit dem klassischen Supercomputer SuperMUC-NG am LRZ zusammen. Die beiden Rechner tauschen Daten und Algorithmen aus.

Quantencomputer funktionieren grundlegend anders als klassische Rechner. Sie verwenden nicht nur Einsen und Nullen als Basis ihrer Berechnungen, sondern auch beliebige Zwischenzustände. Zudem nutzen sie weitere Vorteile der Quantenmechanik. Das ermöglicht vollkommen andere Methoden zur Berechnung und Lösung von Problemen. Dadurch – so die Hoffnung – sollen sie Aufgaben, an denen aktuell selbst die leistungsstärksten Rechner der Welt scheitern, künftig lösbar machen.

Allerdings seien Quantencomputer schwer zu stabilisieren, zudem werde noch an grundlegenden Programmierumgebungen und Softwares gearbeitet, heißt es von Seiten des LRZ. Sie frühzeitig bereits in Supercomputer zu integrieren, soll sie einerseits alltagstauglich machen. Andererseits soll es die Supercomputer beschleunigen und dabei helfen, Leistungsgrenzen zu überwinden, denen mit klassischer Prozessortechnologie nicht beizukommen ist.

»Mit unseren Partnern haben wir es in kurzer Zeit geschafft, den ersten Quantencomputer in unsere Supercomputer zu integrieren und für den Einsatz in der Wissenschaft zu befähigen«, sagte Dieter Kranzlmüller, der Leiter des LRZ. »Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie sich das hybride System im Arbeitsalltag bewährt und wie wir damit die Zukunftstechnologie Quantencomputing weiterentwickeln können.« Das Karlsruher Start-up HQS Quantum Solutions beteiligt sich ebenfalls an dem Projekt. Das Team steuert einen ersten Anwendungsfall bei und entwickelte eine Software, mit der die Zusammensetzung neuer Materialien und chemischer Stoffe berechnet und simuliert werden soll.

Der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) sprach von einem internationalen Durchbruch. Ihm zufolge ist es die »weltweit erste Vollintegration eines Quantencomputers in einen klassischen Supercomputer«. Der nächste Meilenstein werde jetzt die Öffnung in einem Pilotbetrieb für Forschende sein. »Diese können dann eigene Anwendungsideen erproben und weiterentwickeln. So können die klügsten Köpfe unseres Landes an heute noch undenkbaren Lösungen für Probleme in verschiedensten Bereichen von der Medizin über Materialwissenschaften bis zum Finanzwesen forschen.« Das Projekt ist vom Bundesforschungsministerium mit rund 40 Millionen Euro gefördert worden. (dpa/kmh)

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