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Wirbelstürme: Es braut sich was zusammen

Dennis, Emily, Katrina, Ophelia - die Sturm-Saison 2005 ist bislang rekordverdächtig und noch lange nicht vorüber. Wird sie bereits vom Klimawandel angeheizt?
Das Auge des Sturms Katrina
Hurrikan Katrina hat den Eintrag in die Geschichtsbücher schon sicher – als eine der größten und kostspieligsten Naturkatastrophen, welche die Vereinigten Staaten bislang je getroffen haben. Das Ausmaß der Schäden – auf einer Fläche der Größe Großbritanniens – überstieg selbst die Fähigkeiten der USA, rasch für Hilfe zu sorgen: Noch zwei Wochen nach dieser Nemesis ist das überflutete New Orleans nicht wieder trocken gelegt und warten seine evakuierten wie zwangsausgesiedelten Bewohner auf die Rückkehr in ihre zerstörte Stadt.

Hurrikan Dennis | Hurrikan Dennis war der erste richtig verheerende Wirbelsturm der Saison 2005, und er trat in seiner Stärke ungewöhnlich früh auf: Noch niemals zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen traf ein derart kräftiger Zyklon auf die Küste der Vereinigten Staaten.
Derweil donnert ein Taifun nach dem anderen über Ostasien hinweg und bereitet sich die amerikanische Ostküste auf das Eintreffen von Ophelia vor. Der nach Hamlets unglücklicher Liebschaft benannte Sturm geht zwar nicht mit der verheerenden Wucht des Kategorie-4-Wirbelsturms Katrina an Land, aber Windgeschwindigkeiten von etwa 140 Kilometern pro Stunde lösen dennoch hohe Brandungswellen aus, knicken Bäume und decken Dächer ab. Dazu stürzen erneut wahre Sintfluten vom Himmel: Auch hier drohen wieder Schäden in Milliardenhöhe. Immerhin wurde die Bevölkerung der besonders exponierten Inseln vor der Küste rechtzeitig evakuiert, sodass zumindest weniger menschliche Opfer zu befürchten sind.

Das Aufatmen nach den Stürmen dürfte allerdings dieses Jahr immer nur kurzfristig sein, denn die besonders aktive Hurrikan-Saison 2005 wird sich noch bis in den November hinein erstrecken, und die amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) prognostiziert weitere Tropenstürme und Hurrikans unterschiedlicher Stärke, von denen sich manche durchaus zu Katrina-Dimensionen auswachsen dürften: Bis zu sechs große Wirbelstürme werden von Meteorologen um William Gray von der Colorado State University bis Mitte Oktober noch erwartet [1]. Und bereits im Juli wirbelten Dennis und Emily die regionale Wetterstatistik gehörig durcheinander: Niemals zuvor in ihrer Geschichte verzeichnete die NOAA derart rasende Wolkenwirbel zu diesem frühen Zeitpunkt.

Aufgeheizter Golf von Mexiko | Katrina – zeitweilig ein Hurrikan der höchsten Kategorie 5 – saugte seine Energie aus einem ungewöhnlich warmen Golf von Mexiko, der diesem August bereits zwei bis drei Grad Celsius wärmer war als im Durchschnitt üblich. Ob dies einzig auf einen normalen Zyklus zurückzuführen ist oder ob daran auch schon der Klimawandel Mitschuld trägt, ist unter der Wissenschaftlern noch strittig.
Längst sind die politischen und wissenschaftlichen Debatten dazu ähnlich stürmisch wie die Winde, die sie auslösen: Handelt es sich bei dieser aktiven Sturm-Genese nur um einen natürlichen Zyklus, der momentan unangenehm ist, aber auch wieder vergeht? Oder ist dies ein weiterer Fingerzeig des globalen Klimawandels, der die Meere aufheizt und sie zu einer beständig brodelnden Wetterküche macht, deren erste Aufwallungen noch Apokalyptisches befürchten lässt?

Relativ einig ist sich die Klimaforscherzunft, dass es in der Nordhälfte des Atlantiks so etwas wie einen normalen Wechsel zwischen lebhaften und eher windstillen Perioden gibt, die über die Jahrzehnte von Fluktuationen der Meeresströmungen ausgelöst werden: Breiten sich im Ozean die Warmwasserbereiche mit Temperaturen von 26 Grad Celsius und darüber aus, entstehen mehr wie kräftigere Hurrikane. Gegenwärtig befindet sich der Atlantik in dieser Phase, und dementsprechend nimmt die Sturmaktivität seit 1995 nach einer relativ langen Ruhepause wieder zu – ähnlich windig ging es in der Region zwischen 1930 und 1970 zu.

Dagegen zählen die Jahre 1991 bis 1994 zu den ruhigsten der bisherigen Aufzeichnungen im Atlantik. Und weltweit nahm die Zahl und Dauer der in Asien auch Taifune und in Australien Willy-Willies genannten Wirbelstürme nach Angaben von Wissenschaftlern um Peter Webster vom Georgia Institute of Technology zwischen 1970 und 2004 sogar ab, obwohl sich in allen Weltmeeren die Durchschnittstemperaturen im gleichen Zeitraum um mindestens 0,5 Grad Celsius erhöhten [2].

Aber ist dies nicht ein Widerspruch, da doch gerade Warmwasser der Geburtshelfer für Zyklone ist? Nur bedingt, denn die Entwicklung und Dauer eines derartigen Wettergebildes hängt auch noch von anderen Faktoren ab wie eventuell vorhandenen Scherwinden, der Lage von Druckgebilden oder dem Wassergehalt in der gesamten Atmosphärensäule über der Wiege des Sturms. Kreuzen etwa Luftströmungen die Bahn eines Tiefdruckwirbels, kann er sich abschwächen – der Hurrikan verkümmert bereits im Embryonalstadium.

Auch die internationale Eichinstanz für Klimaveränderungen, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen, wiegelt vorläufig noch ab, da die Datengrundlage für langfristige Sturmvorhersagen in diesem Zusammenhang noch etwas dürftig ist. Herrscht also zumindest an dieser Wetterfront des Klimawandels eine relative Ruhe? Vielleicht nur eine trügerische, denn wie Webster und seine Kollegen ebenfalls festgestellt haben, hat sich im gleichen Zeitraum die Zahl stärkerer Hurrikans fast verdoppelt.

Während in den 1970er Jahren weltweit nur etwa zehn Wirbelstürme der nach der Saffir-Simpson-Skala höchsten Kategorien 4 und 5 pro Jahr auftraten, sind es seit 1990 im Schnitt 18. Heute fällt jeder dritte Taifun oder Hurrikan in die Klasse der Monsterstürme, früher traf dies nur auf zwanzig Prozent zu. Natürlich gilt dies auch für den Atlantik, durch den allein in den letzten fünfzehn Jahren 25 dieser gewaltigen wie gewalttätigen Gebilde gezogen sind – die Saison 2005 noch nicht eingerechnet.

Und da ein Zyklon warmes Wasser nicht nur zum Aufbau seiner Wolkentürme benötigt, sondern seine gesamte Energie daraus zieht – sobald er auf Land oder kaltes Wasser trifft, verliert er viel von seinem Schrecken –, trägt die global zu beobachtende Meereserwärmung wohl doch zur gegenwärtigen Entfesselung der Naturgewalten bei: Katrina etwa wuchs erst in den Badewannentemperaturen des Golfs von Mexiko zu ihrer letztendlichen Machtfülle heran – das Nebenmeer war zu diesem Zeitpunkt schon zwei bis drei Grad wärmer als normal üblich.

Im Gefolge eines derartig effektiven Staubsaugers sinkt jedoch kurzfristig die Wassertemperatur wieder ab; Katrina entzog dem Golf durch Verdunstung so viel Wärmeenergie, dass er nach ihrem Durchgang stellenweise um bis zu vier Grad kühler war. Eventuell verzögert dies dann für eine gewisse Zeit die Geburt eines neuen Sturms, was den tendenziellen Rückgang der Gesamtzahlen erklären könnte. Die Wahl zwischen wenigen Monsterstürmen oder vielen etwas schwächeren Taifunen oder Hurrikans erscheint jedoch wohl eher wie jene zwischen Teufel und Beelzebub.

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