News: Es schmilzt, es schmilzt nicht, es schmilzt, ...
Für derartige Modelle rekonstruieren Forscher die Eisdicken und -ausdehnungen seit dem letzten glazialen Maximum vor rund 20 000 Jahren, als in der westlichen Antarktis etwa dreimal soviel Eis lagerte wie heute. Doch diese Abschätzungen sind offenbar viel zu verallgemeinernd und deshalb unzuverlässig. So zeigte sich bei der Untersuchung des ungefähr 50 mal 80 Kilometer großen Siple Dome in der Nähe des Ross-Eisschelfes, dass diese Erhebung niemals von massiven Eismassen überdeckt war. Zu diesem Ergebnis kamen Charles Raymond und seine Mitarbeiter vom Department of Glaciology der University of Washington, nachdem sie die Morphologie des Siple Dome mithilfe von Radarmethoden abbildeten.
Auch die mittlerweile nachgewiesene Tatsache, dass die Eismassen sogar noch vor 8 000 Jahren anwuchsen, weist darauf hin, dass man das Eisvolumen der Vergangenheit falsch einschätzte. Denn bisher gingen die Forscher davon aus, dass sich das Eis seit eben jenen 20 000 Jahren kontinuierlich zurückzieht. Aufgrund neuer Erkenntnisse über die Meerespiegelschwankungen der geologischen Vergangenheit vermutet W. R. Peltier vom Department of Atmospheric Physics der University of Toronto zudem, dass die Meere vor dem derzeitigen Rückzug der antarktischen Eismassen kräftig angestiegen waren, während sich das nachfolgende Abschmelzen des Eises hier kaum widerspiegelt.
Die Frage, wie schnell sich die Eismassen zurückziehen, liegt also noch immer weitgehend im Dunkeln. Bindschadler glaubt, dass es sich dabei weniger um einen kontinuierlichen Prozess handelte, sondern vielmehr um einzelne Stadien: "Die Teile des westantarktischen Eisschildes, auf die sich die Forschungen der letzten zehn Jahre konzentrierten, scheinen derzeit fast unveränderlich zu sein. Ob dies in Zukunft so bleibt, ist natürlich unklar." Die Prognosen für zukünftige Entwicklungen stehen aufgrund dieser Inhomogenitäten daher also weiterhin auf ungewisser Basis.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.12.2000
"Neue Eiszeit in Sicht?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 11.12.2000
"Trennung mit Folgen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 28.11.1997
"Führt der Treibhauseffekt zu einer neuen Eiszeit?" - Spektrum der Wissenschaft 4/93, Seite 21
"Die marine Eisschicht an der Unterseite des Filchner-Ronne-Schelfeises"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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