Raumfahrtpolitik: ESA-Komitee empfiehlt JUICE als nächste große ESA-Mission
Nach aktuellen Informationen aus einem offiziellen ESA-Dokument ist eine Vorentscheidung im Rennen um die nächste große Flagschiffmission der europäischen Raumfahrt gefallen: es wird voraussichtlich zu den Eismonden des Riesenplaneten Jupiter gehen.
Zur Auswahl standen drei Mission aus ESAs "Cosmic Visions"-Programm, alle mit Kosten im Bereich zwischen rund 800 Millionen und 1 Milliarde Euro. Ein Röntgenteleskop mit dem Namen ATHENA, das die Erde umkreisen soll, die aus mehreren Sonden bestehende Mission NGO, die Gravitationswellen aufspüren soll, und schließlich JUICE, eine Mission, die die Eismonde des Jupiter aus der Nähe erforschen soll.
"Sterne und Weltraum" liegt ein Bericht des Space Science Advisory Committee (SSAC) der ESA vor, welches die Jupitermission JUICE empfiehlt. Die Entscheidung ist noch nicht endgültig. Am 2. Mai wird das zuständige Komitee (Science Program Comittee; SPC) der ESA tagen, und basierend auf dem SSAC-Bericht eine Entscheidung treffen. Es ist möglich, dass das SPC zu einem anderen Schluss als das SSAC kommt, doch erscheint dies unwahrscheinlich.
Die JUICE-Mission
Die Raumsonde JUICE, der JUpiter ICy Moon Explorer, soll im Juni 2022 zu Jupiter und seinen Monden aufbrechen. Nach ihrem Start mit einer Ariane-5-Trägerrakete wird sie rund acht Jahre bis zur Ankunft bei Jupiter benötigen und dabei vier Planetenvorbeiflüge ausführen. Dafür nähert sich die Sonde dreimal dicht der Erde und einmal der Venus an. Durch diese Swing-by-Manöver wird sie genügend Geschwindigkeit erhalten, um Jupiter erreichen zu können. Die Ankunft beim Riesenplaneten ist für Januar 2030 vorgesehen, dann wird durch eine Zündung des Bordtriebwerks die Geschwindigkeit von JUICE so weit reduziert, dass sie in eine langgestreckte elliptische Umlaufbahn um Jupiter eintritt.
Insgesamt dreieinhalb Jahre soll sich JUICE im Jupitersystem aufhalten und dabei vor allem die eishaltigen großen Monde Europa, Ganymed und Kallisto erforschen. Aber auch der Riesenplanet selbst und sein mächtiges Magnetfeld mit den Strahlungsgürteln stehen auf ihrem Beobachtungsplan. Nach der Ankunft bei Jupiter wird JUICE durch Vorbeiflüge am Mond Ganymed und Zündungen der Bordtriebwerke seine anfängliche Umlaufbahn so weit verändern, dass sie zweimal dicht am Mond Europa vorbeifliegt. Dieser Jupitertrabant ist von einer Eiskruste umgeben, unter die Planetenforscher einen bis zu 100 Kilometer tiefen Ozean aus flüssigem Wasser vermuten. In diesem könnten günstige Bedingungen für Leben herrschen, wie es auch in der irdischen Tiefsee beobachtet wird.
Nach den Passagen an Europa wendet sich JUICE Kallisto, dem äußersten der vier großen Monde, zu und wird ihn in einer Serie von dichten Vorbeiflügen erkunden. Zudem wird durch die Vorbeiflüge an Kallisto die Bahnneigung der Sonde gegenüber dem Jupiteräquator auf bis zu 30 Grad angehoben. So ergibt sich für sie ein guter Blick auf die hohen Breiten von Jupiter und die dort auftretenden Polarlichter. Nach Abschluss dieser Missionsphase nutzt die Sonde die Schwerefelder der beiden Monde Kallisto und Ganymed, um eine Transferbahn zu Letzterem zu erreichen. Diese Manöver werden rund elf Monate dauern, bis JUICE schließlich für rund ein Jahr in eine Umlaufbahn um Ganymed eintreten kann, um den größten Mond des Sonnensystems detailliert aus der Nähe zu erforschen. Das Missionsende ist für Juni 2033 vorgesehen.
Die Beobachtungen von JUICE sollen auf dem Datenschatz der US-Raumsonde Galileo aufbauen, die in den Jahren 1995 bis 2003 Jupiter und seine Trabanten erstmals von einer Umlaufbahn aus erkundete. Allerdings litt Galileo unter einem schweren Handicap, die Hauptantenne zur Datenübertragung ließ sich nach dem Start nicht entfalten. Somit mussten alle Daten über Rundstrahlantennen zur Erde gelangen, mit der Folge, dass nur ein Bruchteil der ursprünglich geplanten Bilder und Messdaten von Jupiter und seinen Monden zur Erde gefunkt werden konnte. JUICE wird die Beobachtungen von Galileo fortführen und dabei wesentlich vertiefen.
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