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Klima-Interventionen: Geoengineering soll ethisch vertretbar erforscht werden

Mit technischen Mitteln die Erde abzukühlen, scheint mittlerweile alternativlos zu sein. Wie kann eine ethisch vertretbare, gerechte und transparente Forschung dazu aussehen?
Erde aus dem Weltall
Können technische Eingriffe ins Klima garantieren, dass unser Heimatplanet bewohnbar bleibt?

Es klingt paradox: Erst erwärmen wir das Klima mit all unseren energieintensiven technischen Prozessen, nun soll Technik dabei helfen, die Erde wieder abzukühlen. Geoengineering heißt der Ansatz. Er bezeichnet Maßnahmen, die etwa dafür sorgen, mehr wärmende Sonnenstrahlung ins All zu reflektieren (Solar Radiation Modification, kurz SRM), Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen (Carbon Dioxide Removal, kurz CDR), beispielsweise indem man es mit riesigen »Staubsaugern« aus der Luft zieht und in den Boden einlagert, oder mit Gesteinsmehl den pH-Wert des Ozeans zu erhöhen, damit dieser mehr CO2 speichern kann (Ozeanalkalinitätserhöhung, kurz OAE). Da es bislang keine internationalen völkerrechtlichen Vorgaben für die Forschung in diesem Bereich gibt, hat die American Geophysical Union – eine der wichtigsten geowissenschaftlichen Fachgesellschaften  – nun ethische Rahmenrichtlinien vorgestellt.

Experten und Expertinnen sind sich mittlerweile einig, dass es ohne zusätzliche technische Anstrengungen nicht zu schaffen sein wird, die globale Erwärmung auf weniger als 2 Grad – oder besser noch auf unter 1,5 Grad – im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, wie es die Pariser Klimaziele von 2015 festlegen. Selbst wenn die ganze Welt sofort ihre Treibhausgasemissionen nachhaltig und effektiv senken würde, ist das 1,5-Grad-Ziel bereits recht sicher außer Reichweite. Deshalb rückt das Geoengineering zunehmend in den Fokus der Wissenschaft. Doch bereits die Erforschung solcher Methoden kann weitgehende, länderübergreifende Konsequenzen haben.

Die Einschätzungen aus der Forschergemeinschaft zum nun veröffentlichten Leitlinienkatalog fallen gespalten aus. Einerseits loben sie die aufgegriffenen Aspekte und den großen Umfang der Überlegungen, andererseits kritisieren sie, dass die sehr unterschiedlichen Maßnahmen zu wenig differenziert betrachtet werden.

Die größte Gefahr ist, nicht zu handeln

So urteilt etwa Wilfried Rickels, Leiter des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik in Kiel, eine generische Betrachtung der zahlreichen Methoden, wie sie die AGU in dem Framework vornimmt, sei nicht zielführend. »Die Chancen und Risiken von CDR und SRM sind sehr unterschiedlich«, sagte er dem Science Media Center (SMC). Bei SRM seien die Risiken deutlich höher, insbesondere, je weiter der Klimawandel fortschreite. Wenn einzelne Staaten die Technik unabgesprochen einsetzten, könnte das geopolitische Spannungen nach sich ziehen. »Teilweise stehen die Empfehlungen auch für ein seltsames Verständnis von Wissenschaft, da sie Aufgaben und Verantwortung der Politik auf die Wissenschaft übertragen«, führt er weiter aus. Das größte Risiko bestünde allerdings darin, die Methoden zur atmosphärischen CO2-Entnahme nicht mehr rechtzeitig in dem großen Maßstab umzusetzen, wie er nötig ist, um die Temperaturziele zu erreichen.

Daniel Heyen, Professor für Umweltökonomik an der TU Kaiserslautern-Landau, bewertet den Bericht hingegen positiv. »Die gesellschaftliche Bedeutung eines verbesserten Wissensstandes wird zu Recht stark betont, ebenso wie zu Recht angemahnt wird, dass weder Forschung noch Anwendung von Geoengineering zu einem Nachlassen von Emissionsreduktionen führen dürfen.« Er befürchtet allerdings, dass die dargelegten Prinzipien einseitig gegen die Erforschung von Geoengineering-Methoden ins Feld geführt werden könnten, statt die verantwortungsvolle Forschung daran zu befördern.

»Wir müssen dabei vorsichtig sein – aber wir schulden es den Opfern des Klimawandels, nicht zu vorsichtig zu sein«Christian Baatz, Klimaethiker

Das Klimasystem der Erde, in das mit Geoengineering-Maßnahmen eingegriffen würde, ist überaus komplex. Entsprechend sind die Risiken vielfältig. Wie etwa sollen Fachleute umfassend und sicher einschätzen, wie sich eine großskalige Anwendung langfristig auswirken könnte? Selbst wenn das Wissen immer weiter zunimmt, bleiben zahlreiche Unsicherheiten, die letztlich für jede Technologie einzeln geprüft werden müssen. Ein Eingriff ins marine Ökosystem hat andere Konsequenzen als Maßnahmen an Land.

Weil das Framework sehr allgemein gehalten ist, sind die ethischen Prinzipien und empfohlenen Maßnahmen noch recht vage formuliert. Nun ist es an der Weltgemeinschaft, diese zu interpretieren und umzusetzen. Möglicherweise sei die Welt gegenüber den Leidtragenden des Klimawandels sogar verpflichtet, beim Klima zu intervenieren, sagt Christian Baatz, Juniorprofessor für Klimaethik, Nachhaltigkeit und Globale Gerechtigkeit an der Universität Kiel: »Wir müssen dabei vorsichtig sein – aber wir schulden es den Opfern des Klimawandels, nicht zu vorsichtig zu sein.«

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  • Quellen
American Geophysical Union: Ethical framework principles for climate intervention research, 2024

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