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Jupitersonde: Auf zu Europa!

Am 10. Oktober soll die NASA-Sonde Europa Clipper endlich ins All starten. Ihre Mission: herausfinden, ob auf dem Jupitermond Europa die Bedingungen für Leben gegeben sind.
Aufnahme der Oberfläche des Mondes Europa
Die insgesamt außerordentlich glatte und helle gefrorene Oberfläche des Eismonds Europa wird von rötlichen Gräben und Furchen durchzogen. Könnte sich unter dem Eis ein Ozean – und Leben – befinden? Das soll die Sonde Europa Clipper herausfinden.

Nach jahrzehntelangem Träumen vom Jupitermond Europa – und dem riesigen Ozean, der wahrscheinlich unter seiner eisigen Oberfläche liegt – sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun nur noch wenige Wochen davon entfernt, eine Raumsonde dorthin zu schicken. Die NASA bestätigte am 9. September 2024, dass die Mission Europa Clipper planmäßig starten wird, nachdem zunächst befürchtet worden war, dass sich der Start wegen möglicherweise fehlerhafter Transistoren in der fünf Milliarden US-Dollar teuren Sonde erheblich verzögern könnte.

Mit einer Masse von mehr als 3,2 Tonnen Leergewicht (mit Treibstoff wird die Sonde beim Start rund doppelt so schwer sein), einer Höhe von etwa fünf Metern und einer Breite von mehr als 30 Metern bei vollständig ausgefahrenen Sonnenkollektoren ist Europa Clipper das größte Raumfahrzeug, das die NASA je für eine Planetenmission gebaut hat. Am 9. September passierte die Mission den so genannten »Key Decision Point E« der Raumfahrtbehörde – die letzte Prüfungshürde, die vor dem Start überwunden werden muss. Das Startfenster für die Raumsonde öffnet sich am 10. Oktober.

Wenn der Orbiter nächsten Monat erfolgreich startet, wird er im April 2030 am Jupiter eintreffen. Seine neun Instrumente werden dann sowohl die Eiskruste von Europa als auch den Ozean untersuchen, den die Wissenschaftler darunter vermuten. Könnte der Mond Leben, wie wir es kennen, beherbergen? Diese Frage soll die Mission beantworten.

Die Raumsonde Europa Clipper | Sie soll im Oktober 2024 an Bord einer Falcon-Heavy-Trägerrakete ins All aufbrechen: die NASA-Raumsonde Europa Clipper. Nach einem Vorbeiflug am Mars und später an der Erde würde sie im Jahr 2030 im Jupitersystem eintreffen.

Frühere Missionen haben nahegelegt, dass sich unter der eisigen Oberfläche Europas ein unterirdischer Ozean aus Salzsole verbirgt, der mehr als doppelt so viel Wasser enthält wie die Ozeane der Erde. Die zerklüftete, scheinbar junge Oberfläche des Mondes deutet auch darauf hin, dass der Satellit eine aktive Geologie aufweist – ein Hinweis darauf, dass das Innere von Europa warm und dynamisch genug für die komplexe Chemie des Lebens sein könnte.

Es gibt keinen Tricorder – ein fiktives Instrument aus dem Star-Trek-Universum –, den wir auf etwas richten könnten, um herauszufinden, ob es lebt, erklärte Curt Niebur, der an der Mission beteiligt ist, auf der Pressekonferenz der NASA. »Es ist extrem schwierig, Leben zu entdecken, vor allem aus der Umlaufbahn. Zuerst werden wir uns die einfache Frage stellen: Sind die richtigen Zutaten für die Existenz von Leben vorhanden?«

Stresstest für die Transistoren

Vor dem Transistor-Schreck hatte Europa Clipper bereits einige Rückschläge hinnehmen müssen. Im Jahr 2019 verärgerte die NASA Wissenschaftler, indem sie aus Budgetgründen ein hoch entwickeltes Magnetometer aus der Sonde strich. Außerdem war jahrelang unklar, wie das Raumfahrzeug ins All gelangen würde. Denn der US-Kongress hatte lange Zeit gefordert, die Sonde sollte mit dem Space Launch System der NASA fliegen, dessen Entwicklung sich jedoch mehr und mehr verzögerte. Schließlich erlaubten die US-Gesetzgeber dem Programm im Jahr 2020, die Falcon Heavy-Rakete des privaten Unternehmens SpaceX für den Start zu nutzen.

Das mögliche Transistorproblem tauchte im Mai dieses Jahres auf, als NASA-Ingenieure feststellten, dass Chargen einer bestimmten Art von Transistoren, die bereits in der Europa-Clipper-Raumsonde installiert waren, fehlerhaft arbeiteten. Die MOSFETS (metal-oxide-semiconductor field-effect transistors, auf Deutsch: Metalloxidhalbleiter-Feldeffekttransistoren) genannten Bauteile funktionieren wie mechanische Schalter in elektrischen Schaltkreisen. Sie stammen von einem Zulieferer der NASA, der Firma Infineon im deutschen Neubiberg.

Da Europa Clipper 49-mal an Europa vorbeifliegen soll, und zwar in einem Abstand von bis zu 25 Kilometern, muss das Raumschiff auch durch ein Bombardement aus geladenen Teilchen fliegen, die durch das Magnetfeld des Jupiters beschleunigt werden, das etwa 20 000-mal so stark ist wie das der Erde. Dementsprechend muss die im Orbiter untergebrachte Elektronik vor Strahlungsschäden geschützt werden.

Im Mai teilte die NASA jedoch mit, sie prüfe, ob die Transistoren während der Mission auszufallen drohten. Die Behörde begann mit viermonatigen intensiven 24-Stunden-Tests in drei verschiedenen Einrichtungen. Am Ende kam sie zu dem Schluss, dass die Schaltkreise des Raumfahrzeugs wie erwartet funktionieren würden. Diese Schlussfolgerung beruht zum Teil auf der Tatsache, dass die Sonde während der ersten Hälfte ihrer vierjährigen Mission in der Umlaufbahn um Jupiter nur an einem von 21 Tagen der stärksten Strahlung des Planeten ausgesetzt sein wird. In der restlichen Zeit können sich die Transistoren des Orbiters teilweise selbst von Strahlungsschäden heilen, wenn sie leicht erwärmt werden, und zwar durch einen Prozess, der als Annealing bezeichnet wird.

»Europa Clipper taucht zwar in die Strahlungsumgebung ein, aber wenn er wieder herauskommt, dann lange genug, um den Transistoren die Möglichkeit zu geben, sich zwischen den Vorbeiflügen zu heilen und teilweise zu erholen«, sagte Jordan Evans, der Projektleiter von Europa Clipper am JPL, auf der Konferenz. »Wir können – ich bin sehr zuversichtlich, und die Daten bestätigen dies – die ursprüngliche Mission zu Ende führen.«

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