Evolution: Indische Darwin-Frösche haben einzigartiges Sexleben
Um sich fortzupflanzen, besteigen männliche andamanische Charles-Darwin-Frösche (Minervarya charlesdarwini) die Rücken der Weibchen und klammern sich dort fest: so weit, so normal. Doch wenn sie die Eier befruchten, stellen sie ihr Liebesleben auf den Kopf. Statt wie alle anderen Lurche ihrer näheren und weiteren Verwandtschaft in der Horizontalen und damit parallel zum Untergrund zu bleiben, gehen die Frösche steil und verpaaren sich mit dem Kopf nach unten. Dieses einzigartige Verhalten hat ein internationales Team um James Hanken von der University of Minnesota–Twin Cities in den Regenwäldern der indischen Inselgruppe beobachtet.
Wahrscheinlich wollen die Frösche damit verhindern, dass unverpaarte Männchen die Befruchtung stören und die Fortpflanzung unterbinden, schreiben die Forscher. Die Amphibien befestigen die Eier knapp oberhalb der Wasserlinie von Baumhöhlen, in denen sich Regen sammelt. Sobald die Kaulquappen schlüpfen, gleiten sie in die Flüssigkeit, wo sie dann ihre weiteren Entwicklungsstadien durchlaufen.
Ohnehin ist das Paarungsverhalten der Art außergewöhnlich: Die Männchen werben mit drei unterschiedlichen Rufen um Weibchen; zudem besitzen sie eine Art »Kampfruf«, mit dem sie Nebenbuhler einschüchtern wollen. Misslingt die akustische Abschreckung, kommt es zum Kampf, der sehr erbittert geführt werden kann: Die Froschmännchen stoßen und treten sich mit Händen und Füßen und können bei der Auseinandersetzung auch Gliedmaßen oder sogar den Kopf der Konkurrenten abbeißen.
Selbst während der eigentlichen Paarung versuchen partnerlose Männchen ihre sexuell aktiven Artgenossen aggressiv zu verdrängen. Dabei schieben sie sogar oft ihren Kopf zwischen die Hinterleiber der sich paarenden Frösche, um diese zu trennen. Die Weibchen klettern deshalb mit ihrem Partner aus dem Wasserloch mit der Konkurrenz und drehen sich, um den eigentlichen Akt der Befruchtung zu schützen.
Während ihrer Studie beobachtete die Arbeitsgruppe, dass die Charles-Darwin-Frösche in gestörten Wäldern auf künstliche Wasserlöcher auswichen: Wo große, alte Bäume mit ihren Höhlungen fehlten, nutzten sie stattdessen Müll wie leere Blechdosen, Flaschen oder Plastikcontainer als Ersatz. Der Mangel an geeigneten Brutplätzen könnte das aggressive Verhalten sogar noch steigern, befürchten Hanken und Co. Wegen ihres begrenzten Lebensraums auf der indischen Inselkette und der zunehmenden menschlichen Störungen gilt die Art bereits als bedroht.
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