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Evolution: Wühlmäuse halten aktiv Luftraum frei

Vielen Nagetieren droht ständig Gefahr von oben. Deshalb überwachen sie den Luftraum sehr genau. Eine mongolische Art betreibt dafür sogar eine eigene Ökosystemkontrolle.
Brandts Wühlmaus

Wühlmäuse haben zahlreiche Feinde, die ihnen nachstellen: Iltisse, Wildkatzen und vielerlei Greifvögel. Die im Familienverband lebende Brandts Mongolische Wühlmaus (Lasiopodomys brandtii) hält deshalb gezielt Ausschau nach Beutegreifern, um ihre Verwandten zu warnen und rechtzeitig in den schützenden Bau fliehen zu können. Damit die gute Sicht gewährleistet ist, greifen die Tiere sogar regelrecht in ihren Lebensraum ein. Das zeigt eine Studie einer Arbeitsgruppe um Dirk Sanders vom Exeter's Penryn Campus in Cornwall in »Current Biology«.

Sobald zu den Würgern zählende Vögel sich in der Nähe aufhalten, kappen die Wühlmäuse mit ihren Zähnen hohes Gras und verschaffen sich so eine bessere Sicht, wie Forscherinnen und Forscher zeigen: Die Nager fressen das Gras nicht und nutzen es auch nicht als Streu in ihren Bauten. »Sobald Würger anwesend waren, verringerten die Wühlmäuse das Volumen der Gräser im Umfeld drastisch«, sagt Sanders: »Dies führte zu einem Rückgang der Besuche von Würgern, die offenbar Mähwiesen als schlechte Jagdgründe ansehen.«

Um das Verhalten zu überprüfen, führte die Gruppe auch einen Test durch. Sie überspannten manche Areale mit Netzen, weshalb die Vögel dort nicht mehr jagen konnten. Im Gegenzug stellten die Nager das Abbeißen der Gräser ein. »Eine solche Tätigkeit ist für die Wühlmäuse sehr energieaufwändig, so dass ein hoher Selektionsdruck bestehen muss – das Mähen muss ihre Überlebenschancen deutlich verbessern«, sagt Sanders.

Wie für viele Nagetiere typisch kommt es bei den Brandts Mongolischen Wühlmäusen regelmäßig zu Massenvermehrungen. Sie führen mit Verzögerung auch zu einer Zunahme an Fressfeinden, allerdings reicht deren Zahl nicht aus, um die Nagerpopulation schnell einzudämmen. Dafür sorgen dann Krankheiten oder Nahrungsmangel. Der an der Studie beteiligte Zhiwei Zhong von der Northeast Normal University hofft, das neue Wissen zu nutzen, um Weidegründe vor den Nagern besser zu schützen: »Die Beibehaltung oder Anpflanzung dieser großen Strauchgräser könnte dazu beitragen, Würger anzulocken und die Populationsdichte von Wühlmäusen zu verringern.« Zumindest bis die Tiere anfangen, das Gras zu entfernen.

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