Kosmogonie: Exoplanet in Staubscheibe um jungen Stern?
Ein Forscherteam um John H. Debes vom Space Telescope Science Institute in Baltimore, Maryland, stellte kürzlich Infrarotbeobachtungen vor, die in der Staubscheibe des Sterns TW Hydrae eine ausgeprägte Lücke zeigen. Die Astronomen vermuten, dass sich hier möglicherweise ein Planet bildet oder schon befindet.
Mit einer Entfernung von rund 176 Lichtjahren ist uns der Stern TW Hydrae relativ nahe. Zudem ist die ihn umgebende Staubscheibe so günstig orientiert, dass wir quasi "von oben" auf sie blicken – hervorragende Bedingungen für Astronomen, die innerhalb der Scheibe nach Details fahnden, um die Rätsel der Planetenentstehung zu entschlüsseln. Die nun mit dem Weltraumteleskop Hubble entdeckte Lücke ist vom Zentralgestirn TW Hydrae rund 80-mal so weit entfernt wie die Erde von der Sonne, ihre Breite beträgt ein Viertel dieses Abstands.
Innerhalb der Lücke gibt es nur etwa ein Drittel so viel Staub wie in den übrigen Bereichen der Scheibe. Um dies erklären zu können, verfolgten die Astronomen verschiedene Lösungsansätze, darunter die Möglichkeit, dass hier ein Übergang zu unterschiedlichen Zusammensetzungen und Korngrößen in der Staubscheibe stattfindet, oder aber, dass ein gerade entstandener Planet hier seine Runden zieht. Er würde mit seiner Schwerkraft das Scheibenmaterial an sich ziehen und nach und nach sein Umfeld von Staub freiräumen. Die Lücke könnte jedoch auch durch eine Spiralstruktur in der Scheibe vorgetäuscht werden, die sich in den Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble und erdgebundener Teleskope gerade nicht mehr räumlich auflösen lässt.
Die Astronomen um Debes bevorzugen jedoch einen Planeten als Erklärung für ihre Beobachtungen. Allerdings bereitet dies den Planetenphysiker Kopfzerbrechen. Bei einer angenommenen Masse zwischen 6 und 28 Erdmassen ist davon auszugehen, dass es sich um einen Gasplaneten ähnlich Jupiter handelt. Die bevorzugten Entstehungsmodelle für eine solche Welt gehen davon aus, dass sich zunächst ein Kern aus festen Materialien wie Silikatmineralen und Wassereis bildet. Bei Überschreiten einer gewissen Grenzmasse zieht dieser alles Material in seiner näheren Umgebung an sich und wächst dabei rasch.
Im Fall von Jupiter in unserem Sonnensystem dauerte dieser Vorgang rund zehn Millionen Jahre. Aber in dem viel größeren Abstand der Lücke zum Stern, wo sich die Partikel deutlich langsamer bewegen, würde dieser Vorgang rund 200-mal länger dauern, also bis zu zwei Milliarden Jahre. Allerdings zeigen spektroskopische und andere Untersuchungen, dass TW Hydrae nur etwa acht Millionen Jahre alt ist. Erschwerend kommt für die Planetenphysiker hinzu, dass sich im Abstand der Lücke von TW Hydrae und jenseits davon nur feinkörniges Material befindet, so dass es schwierig wäre, einen festen Kern zu bilden.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich der Planet durch eine lokale gravitative Instabilität in der Scheibe zusammenballte – dieser Vorgang benötigt nur wenige tausend Jahre. Allerdings sagen die Modelle voraus, dass sich dann Gasplaneten von ein bis zwei Jupitermassen (also rund 300 bis 600 Erdmassen) bilden würden. Sollte sich durch weitere Beobachtungen der Lücke um TW Hydrae tatsächlich ein Planet sicher nachweisen lassen, so würde dies reichlich Arbeit für die Planetenphysiker bedeuten.
Übrigens wurde bereits vor rund fünf Jahren ein Planet um TW Hydrae postuliert. Er soll den Stern in einer Distanz von nur vier Prozent des Abstands Erde-Sonne und innerhalb von rund hundert Stunden umlaufen. Somit würde er zur Klasse der heißen Jupiter gehören. Dagegen führten andere Astronomen die beobachteten Effekte auf Sternflecken zurück. Derzeit gilt dieser innere Planet als nicht gesichert, eine Entscheidung hierzu steht nach wie vor aus.
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