Exoplaneten: Die Atmosphäre von Tau Bootis b
Mittels eines ausgeklügelten Verfahrens gelang es einem Forscherteam um Matteo Brogi am Leidener Observatorium mit dem Infrarotspektrometer CRIRES das Licht eines Exoplaneten direkt aufzufangen und zu analysieren. CRIRES ist am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile montiert. Für die Analyse kombinierten die Astronomen Infrarotbeobachtungen bei einer Wellenlänge von 2,3 Mikrometern, wenn der Planet möglichst weit von seinem Stern entfernt war. Durch den Einsatz spezieller Computerprogramme konnten die Forscher das Signal des Planeten aus dem Sternlicht herausfiltern. Dabei musste die Absorption des Sternlichts in der Erdatmosphäre besonders präzise berücksichtigt und korrigiert werden. Das Zielobjekt war der bereits im Jahr 1996 entdeckte Exoplanet Tau Bootis b im Sternbild Bärenhüter.
Tau Bootis b wurde seinerzeit mit dem Radialgeschwindigkeitsverfahren aufgespürt und umrundet seinen Stern innerhalb von nur 3,3 Tagen. Bei dem Messverfahren werden Spektrallinien mit einem hochpräzisen Spektrografen im Sternlicht auf geringfügige periodische Schwankungen ihrer Wellenlängen untersucht. Diese entstehen durch die Umläufe von Stern und Planet um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Dabei wandert der Stern periodisch auf uns zu und wieder von uns weg. Durch den Dopplereffekt verschieben sich die Spektrallinien periodisch zu kürzeren Wellenlängen und anschließend wieder zu längeren Wellenlängen. Aus diesen Daten lässt sich dann auf die Anwesenheit eines oder mehrerer Begleiter schließen und eine Untergrenze für ihre Massen angeben. Eine Untergrenze nur deshalb, weil die Neigung der Planetenbahn zu unserem Blickwinkel unbekannt ist. Nur falls die Bahn des Planeten um seinen Stern zufällig so verläuft, dass er von uns aus gesehen periodisch vor seinem Zentralgestirn herläuft, ließen sich bislang wegen des dann genau bekannten Neigungswinkels präzisere Masseangaben ermitteln.
Mittels des CRIRES-Spektrografen konnten die Forscher um Brogi das Licht des Sterns Tau Bootis mit extrem hoher spektraler Auflösung analysieren. Nur etwa 0,01 Prozent des Lichts stammt im untersuchten infraroten Wellenlängenbereich von 2,287 bis 2,345 Mikrometern vom Planeten, der große Rest kommt vom Zentralgestirn. Aus den nun vorliegenden Daten bestimmten die Astronomen die Bahnneigung des Planeten zu unserer Sichtlinie zu 44 Grad. Daraus ergibt sich für Tau Bootis b eine Masse von sechs Jupitermassen. Er gehört somit zu den so genannten heißen Jupitern. Die Oberflächentemperatur von Tau Bootis b liegt wegen der großen Nähe zum Stern zwischen 1350 und 1700 Grad Celsius, dabei ist die Atmosphäre unerwartet in großer Höhe kühler als weiter innen. Zudem war es den Forschern möglich, den Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre zu bestimmen.
Mit den neuen Verfahren ist es nun möglich, bei weiteren Exoplaneten, die keine Transits vor ihren Zentralgestirnen durchführen, präzisere Informationen über ihre Massen und Zusammensetzungen zu erhalten. Damit lässt sich die Datenbasis über diese fernen Welten weiter ausbauen.
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