Weltraumteleskope: Exoplanetenjäger Kepler vor dem Aus?
Die Hiobsbotschaft kam bei einer routinemäßigen Datenabfrage am 14. Mai: Sie zeigte, dass das Weltraumteleskop Kepler, das zur Suche nach Exoplaneten dient, in einen Sicherheitsmodus eingetreten war. Dies ist eine vorprogrammierte Verhaltensweise des Satelliten, wenn der Bordcomputer feststellt, dass das Teleskop nicht mehr exakt auf sein Beobachtungsziel im Sternbild Schwan zeigt. In diesem Modus stellt Kepler alle Beobachtungen ein und orientiert seine Solarzellen in Richtung Sonne, um die Energieversorgung sicherzustellen. Gleichzeitig wartet der Bordcomputer auf Instruktionen der Bodenstation.
Die Auswertung der Telemetriedaten, die den technischen Zustand des Satelliten charakterisieren, ergab, dass das für die exakte Ausrichtung benötigte Gyroskop Nr. 4 nicht mehr rotiert. Gyroskope sind schnell rotierende Kreisel, die dazu dienen, einen Satelliten oder eine Raumsonde exakt in drei Raumachsen auszurichten. Dafür werden mindestens drei Kreisel benötigt. Bei Kepler war allerdings schon im Vorjahr Nr. 2 ausgefallen, so dass nun nur noch zwei funktionstüchtige Steuerkreisel zur Verfügung stehen. Sie reichen aber nicht aus, um Kepler mit der nötigen Genauigkeit im All auszurichten.
Zudem zeigte sich bei der Datenauswertung, dass Kepler langsam um die zur Sonne weisende Achse rotiert, weshalb die Kommunikation zur Erde unterbrochen wurde, sobald die Bordantenne nicht auf die Erde wies. Als erste Maßnahme übermittelten die Missionskontrolleure der NASA an Kepler Instruktionen, die Rotation der Gyroskope anzuhalten. Anfangs reagierten alle drei bis dato aktiven Drallräder und stoppten die unerwünschte Rotation des Satelliten. Allerdings zeigte sich bald darauf, dass Nr. 4 wieder stoppte. Vermutlich hat es einen Lagerschaden erlitten.
Nun wurde Kepler in einen aktiven Steuermodus umgeschaltet, in dem die kleinen Bordtriebwerke die grobe Ausrichtung des Satelliten durch kleine Feuerstöße kontrollieren. Allerdings wird hierdurch der begrenzte Vorrat an Treibstoff nach und nach aufgezehrt und würde nur noch für einige Monate reichen. Das Ziel der Missionskontrolleure ist nun, den so genannten Point Rest Mode zu erreichen. In diesem wird der Satellit weitgehend passiv und nur mit gelegentlichen Feuerstößen der Bordtriebwerke grob ausgerichtet, wobei auch der Strahlungsdruck der Sonne eine Rolle spielt. Auf diese Weise könnte Kepler noch mehrere Jahre überdauern. Somit erhalten die Missionskontrolleure eine Möglichkeit, neue Strategien zum Betrieb des Weltraumobservatoriums auszuarbeiten.
Unter anderem hegen sie die Hoffnung, dass Nr. 2 nach acht Monaten Stillstand anläuft, wenn der Bordcomputer es wieder eingeschaltet. Allerdings wiesen die Missionskontrolleure in einem offiziellen Kommentar darauf hin, dass es unwahrscheinlich ist, mit nur zwei Gyroskopen die zur Suche nach Exoplaneten erforderliche hohe Ausrichtgenauigkeit wieder zu erreichen.
Möglicherweise lässt sich aber das Teleskop von Kepler noch für andere astronomische Beobachtungen einsetzen. Das mögliche Ende des aktiven Beobachtungsbetriebs von Kepler bedeutet zudem noch keinen Schlusspunkt für die Entdeckung von Exoplaneten. Derzeit sind die Messdaten aus den vergangenen zwei Jahren noch nicht ausgewertet, so dass hier noch viele Überraschungen lauern könnten. In den Daten von Kepler stießen die Astronomen bislang auf 2700 Exoplaneten-Kandidaten, von denen rund 130 bereits als Planeten bestätigt wurden.
Die Missionsdauer des 2009 gestarteten Weltraumteleskops war auf dreieinhalb Jahre ausgelegt, im November 2012 hatte die NASA die Mission um bis zu vier Jahre bis 2016 verlängert. Dies geschah allerdings unter der Voraussetzung, das keine gravierenden technischen Probleme auftreten.
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