Exowelten: Düstere Hölle oder Zwillingsplanet?
Unter der Leitung der Astronomen Masayuki Kuzuhara und Akihiko Fukui hat ein internationales Forschungsteam einen erdähnlichen Exoplaneten im Sternsystem Gliese 12 entdeckt, etwa 42 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Fische. Dieses weist neben der vergleichbaren Entfernung weitere Ähnlichkeiten mit dem bekannten System TRAPPIST-1 auf. So umkreist der neuentdeckte Planet Gliese 12b einen kühlen Roten Zwerg mit einer Oberflächentemperatur von etwas mehr als 3000 Grad Celsius. Er liegt vermutlich am inneren Rand der habitablen Zone seines Sterns und könnte gemäßigte Temperaturen aufweisen. Das Team veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachjournal »The Astrophysical Journal Letters«.
Auf Grund seiner geringen Entfernung von nur sieben Prozent des Abstands Erde-Sonne zu seinem Stern rotiert der Planet in lediglich 12,8 Tagen um diesen, vermutlich in einer gebundenen Rotation; das heißt, er weist seinem Zentralgestirn stets die gleiche Seite zu. Im Vergleich dazu liegt Merkur bei seiner größten Annäherung an die Sonne noch immer auf einem Abstand von 30 Prozent der Entfernung Erde-Sonne. Gliese 12b erhält dadurch etwa 1,6-mal mehr Strahlungsleistung als die Erde von der Sonne, vergleichbar mit 85 Prozent der Leistung, mit der die Sonne die Venus bestrahlt. Der Radius des neuen Planeten konnte auf etwa 96 Prozent des Erdradius bestimmt werden und ist damit ähnlich groß wie derjenige der Venus. Seine Masse beträgt das 1,6-Fache der Erdmasse, dieser Wert ist jedoch mit einer Unsicherheit von etwa 50 Prozent behaftet.
Besonderes Interesse gilt der Oberflächentemperatur von Gliese 12b. Sie hängt stark davon ab, ob und welche Art von Atmosphäre der Planet hat, da diese durch Treibhauseffekte die Temperatur erheblich beeinflussen kann. Unter der Annahme einer fehlenden Atmosphäre wird die mittlere Oberflächentemperatur des Planeten auf rund 42 Grad Celsius geschätzt. Besitzt er eine der Venus vergleichbare Atmosphäre, könnte diese jedoch weitaus höher ausfallen und mehrere 100 Grad Celsius betragen. Da Gliese 12b eine ähnliche Strahlungsleistung wie die Venus von der Sonne erhält, ist er somit ein wertvolles Forschungsobjekt, um die Entwicklung von Atmosphären auf Exoplaneten zu erforschen.
Ein wichtiger Faktor für die Existenz einer Planetenatmosphäre ist zudem die Aktivität des Zentralgestirns. Rote Zwerge neigen dazu, magnetisch sehr aktiv zu sein, was zu häufigen und starken Strahlungsausbrüchen im Röntgen- und UV-Bereich führen kann. Solche Ausbrüche können eine Atmosphäre zerstören. Kürzliche Beobachtungen des ähnlichen Exoplaneten TRAPPIST-1c mit dem James Webb Space Telescope (JWST) enthüllten, dass dieser keine dichte Atmosphäre aufweist. Das könnte auch bei Gliese 12b der Fall sein. In jedem Fall wird die Untersuchung von Gliese 12b eine bessere Vorstellung von den Voraussetzungen liefern, die für eine lebensfreundliche Umgebung auf einem Planeten erforderlich sind.
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