Theoretische Ökologie: Experimenteller Beweis für Chaos in einem Ökosystem
Ein Langzeitexperiment an der Universität Rostock zeigt, dass die Konzentrationen der Arten einer Lebensgemeinschaft von Planktonorganismen chaotisch schwankten. Dies stellt das traditionelle Bild vom ökologischen Gleichgewicht in Frage.
Koautor Stephen Ellner von der Cornell-Universität in Ithaca sieht weit reichende Konsequenzen für die Ökologie und das Management von Ökosystemen: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass langfristige Prognosen über die Abundanz von Arten grundsätzlich nicht möglich sind. Über viele Jahre haben wir gedacht, dass uns die Kenntnis aller relevanten Einflussfaktoren genaue Prognosen über die Reaktion der Populationsdichten auf äußere Faktoren, wie klimatische Schwankungen, erlauben würde. Nun wissen wir, dass die Dinge nicht so einfach sind."
Zwar hatten Jef Huisman und Marten Scheffer, beide aus den Niederlanden, das Vorhandensein von Chaos für Lebensgemeinschaften des Planktons mit Hilfe mathematischer Modelle schon vorausgesagt, der experimentelle Nachweis von Chaos für ein reales Ökosystem fehlte jedoch. Die Prognosegenauigkeit des untersuchten Systems hatte einen ähnlichen Zeithorizont wie die lokale Wettervorhersage. Benicà: "Kurzzeitprognosen sind möglich, Langzeitprognosen dagegen nicht. Bestenfalls können wir die Grenzen ausmachen, zwischen denen die Arten schwanken."
Elisa Benicà und Jef Huisman von der Universität Amsterdam und Kollegen anderer Universitäten aus den Niederlanden, Deutschland und den Vereinigten Staaten hatten mit modernsten statistischen Methoden die Entwicklung einer Lebensgemeinschaft von Planktonorganismen analysiert, die Reinhard Heerkloss von der Universität Rostock aus der Ostsee isoliert und über einen Zeitraum von sieben Jahren unter konstanten äußeren Bedingungen beobachtet hat. Zweimal pro Woche wurden die Arten ausgezählt, sodass eine sehr detaillierte Datenreihe entstand. Doch stellte sich niemals ein Gleichgewicht ein: Die Planktondichten änderten sich stattdessen unregelmäßig auf Grund von Fraßbeziehungen und Konkurrenz.
Schon in den 1970er Jahren hatten Theoretiker der Ökologie auf Grund von Modellrechnungen vorausgesagt, dass die Populationen von Pflanzen und Tieren auf unvorhersehbare Weise schwanken können. Diese aus der Chaostheorie abgeleitete Vermutung löste heftige Diskussionen aus und wurde größtenteils abgelehnt. Vorherrschende Meinung blieb, dass unregelmäßige Populationsschwankungen durch Veränderungen der Umwelteinflüsse bedingt sind, wie Schwankungen in den Witterungsbedingungen oder andere Störungen des natürlichen Gleichgewichtes.
Koautor Stephen Ellner von der Cornell-Universität in Ithaca sieht weit reichende Konsequenzen für die Ökologie und das Management von Ökosystemen: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass langfristige Prognosen über die Abundanz von Arten grundsätzlich nicht möglich sind. Über viele Jahre haben wir gedacht, dass uns die Kenntnis aller relevanten Einflussfaktoren genaue Prognosen über die Reaktion der Populationsdichten auf äußere Faktoren, wie klimatische Schwankungen, erlauben würde. Nun wissen wir, dass die Dinge nicht so einfach sind."
Zwar hatten Jef Huisman und Marten Scheffer, beide aus den Niederlanden, das Vorhandensein von Chaos für Lebensgemeinschaften des Planktons mit Hilfe mathematischer Modelle schon vorausgesagt, der experimentelle Nachweis von Chaos für ein reales Ökosystem fehlte jedoch. Die Prognosegenauigkeit des untersuchten Systems hatte einen ähnlichen Zeithorizont wie die lokale Wettervorhersage. Benicà: "Kurzzeitprognosen sind möglich, Langzeitprognosen dagegen nicht. Bestenfalls können wir die Grenzen ausmachen, zwischen denen die Arten schwanken."
© Universität Rostock/spektrumdirekt
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.