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Neues Erdzeitalter : Expertenkommission sieht uns im Anthropozän

Der geologische Expertenrat hat gesprochen: Der Mensch hat mit Radioaktivität, technischem Fortschritt, Abgasen und Müll tatsächlich ein neues Erdzeitalter geschaffen - das Anthropozän.
Stadt in grün

Geologen stritten seit einiger Zeit um den schon lange informell benutzen Begriff "Anthropozän", die Bezeichnung für ein neues Erdzeitalter, das eindeutig durch den vielfältigen Einfluss des Menschen geprägt wird. Nun soll dieses Erdzeitalter tatsächlich offiziell eingeführt werden. Dafür stimmte auf dem Internationalen Geologischen Kongress in Kapstadt, Südafrika, die deutliche Mehrheit der Fachleute, die zur Prüfung des Für und Wider angerufen waren. Sie raten dazu, das Holozän für beendet zu erklären und das Anthropozän als gegenwärtige Epoche innerhalb des Quartärs auszurufen.

Diese Entscheidung war erwartet worden, denn Streitpunkt ist auch vorher schon kaum die naturwissenschaftliche Bewertung gewesen. Eine geologische Epoche kann definiert werden, wenn Veränderungen in der Ablagerungsgeschichte zu erkennen sind. Dies ist recht eindeutig der Fall: Unter menschlicher Einfluss veränderten sich geologische Spuren, zum Beispiel durch massenhaft zu findende neue Werkstoffe: Beton, Glas, Kunststoffe und Aluminium lagern sich ab, chemische Spuren wie Verbrennungsrückstände von Holz und fossilen Brennstoffen, Blei aus Motoren sowie Radioisotope und Zerfallsprodukte von Atomtests wurden freigesetzt und sind sicher noch lange Zeit nachweisbar.

Schwer zu definieren ist aber, wann genau das Anthropozän begann. Lebhaft diskutiert wurden verschiedene Vorschläge – neben dem gut anhand radioaktiver Marker messbaren Beginn des Atomzeitalters etwa der Beginn der industriellen Revolution. Die Experten legen sich hier noch nicht eindeutig fest: Sie möchten mehrheitlich einen GSSP (Global Boundary Stratotype Section and Point, zu Deutsch: Profil und Punkt des weltweiten Grenz-Stratotypus) definieren, also einen geologisch fassbaren Referenzpunkt, der eine Epochengrenze eindeutig kennzeichnet. An den Details arbeiten die Fachleute noch: Die meisten Stimmen hat derzeit der Vorschlag, die Atomtest-Plutoniumsignaturen in Ablagerungen zu nutzen – etwa in ungestörten See- oder Meeressedimenten, Eisbohrkernen oder den Jahresringen von Korallenriffen. Die letzte Entscheidung wird darüber wohl noch etwas auf sich warten lassen.

Kritiker des Begriffs "Anthropozän" wenden unter anderem ein, dass die neue Epoche noch deutlich zu jung ist, um in der Gegenwart definiert zu werden. Andere vermuteten, das Ausrufen des Anthropozäns sei vor allem ein politisches Statement zur Klimapolitik. In Kapstadt sahen nun aber 34 von 35 abstimmenden Experten bei einer Enthaltung das Anthropozän als naturwissenschaftlich "eindeutig real" an.

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