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News: Explosives Silizium

Silizium ist der Grundstoff der Halbleiterindustrie. Seinen besonderen elektrischen Eigenschaften verdankt das Element den Einsatz in Solarzellen und Computerchips. Jetzt sind Forscher auf eine weitere Eigenschaft des Siliziums gestoßen: In Form von Nanokristallen ist es explosiv - eine nur scheinbar zerstörerische Kraft, welche die Wissenschaftler für chemische Analysen nutzen wollen.
explodierender Siliziumwafer
Manchmal sind es gerade die Zufallsentdeckungen, die der Wissenschaft kräftige Impulse geben. Solche Glücksfälle lassen dann schnell vergessen, dass das Forschungsziel eigentlich ein anderes war. So muss es auch Frederic Mikulec, Chemiker an der University of California in San Diego, erlebt haben: Als er eine poröse Siliziumscheibe mit einem Diamantritzel anriss, löste er eine kleine Explosion aus.

Dasselbe Material, das als Träger für Schaltkreise dient, wird zum Explosivstoff, wenn es fein verteilt vorliegt. Diese Eigenschaft verdanken die Silizium-Nanokristalle einer Oberfläche, die gemessen am Volumen der Partikel sehr groß ist. Damit verbrennt das Material sehr schnell – "je schneller die Verbrennung, desto größer der Knall", erläutert sein Kollege Michael Sailor.

Wie andere brennbare Substanzen auch benötigt das Silizium für die Reaktion einen Sauerstofflieferanten. Diese Funktion erfüllte bei dem beschriebenen unfreiwilligen Experiment Gadoliniumnitrat, ein enger chemischer Verwandter des im Schwarzpulver enthaltenen Kaliumnitrats. Sollte das Gadolinium ursprünglich das Silizium zum p-Halbleiter machen, so profitieren die Wissenschaftler nun von einer anderen Eigenschaft dieses Metalls: seinem besonderen Emissionsspektrum. Gadolinium leuchtet nämlich bei der Verbrennung kaum im Bereich des sichtbaren Lichts, sodass andere Elemente, die in diesem Bereich strahlen, gut zu erkennen sind. Damit eignet sich Gadolinium sehr gut für die Atomemissionsspektroskopie (AES).

Chemiker nutzen die AES zur Bestimmung von Schwermetallen in wässrigen Proben. Darin liegen die Metalle zunächst positiv geladen vor. Beim Verdampfen der Lösung in einer Flamme nehmen sie Elektronen auf und werden so wieder zu neutralen Atomen. Die Energie der Verbrennung hebt nun Außenelektronen des Metalls auf ein höheres Niveau. Fallen diese Elektronen in ihr ursprüngliches Orbital zurück, so setzen sie ihre überschüssige Energie in Form von Licht frei, dessen Farbe die Identität des Metalls verrät.

Explosives Silizium ermöglicht mit Gadoliniumnitrat als Sauerstofflieferant die Vor-Ort-Analyse von Umweltproben. Während die konventionelle AES mit einem Brenner arbeitet, der aufwändig kalibriert werden muss, genügen für die neue Methode einige Krümel Explosivstoff. Dieser dient gleichzeitig als Energielieferant und als Matrix für die Probe. So brachten die Forscher die flüssige oder feste Probe auf das poröse Silizium auf, zündeten es mit einer Neun-Volt-Blockbatterie und leiteten das emittierte Licht über eine Faseroptik zu einem Spektrometer.

Da das poröse Material bereits bei geringer elektrischer Spannung detoniert, eignet es sich auch als Zünder für konventionelle Sprengstoffe. Des Weiteren schlagen die Wissenschaftler vor, den Stoff zum Antrieb von mikroelektromechanischen Systemen zu nutzen.

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