Schwarze Löcher: Kleinste bekannte Galaxie mit extrem massereichem Schwarzen Loch
"Es ist die kleinste und leichteste Galaxie, die wir kennen, welche ein supermassereiches Schwarzes Loch besitzt", sagt Anil Seth, Hauptautor einer internationalen Studie zur Zwerggalaxie, die am Donnerstag in der Ausgabe der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht wird. "Damit gehört die Galaxie auch zu den am meisten durch ein Schwarzes Loch dominierten Sternsystemen überhaupt."
Für ihre Entdeckung nutzten die Astronomen sowohl das mit einem 8-Meter-Spiegel ausgestattete Gemini-Nord-Teleskop auf dem Mauna Kea auf Hawaii als auch Bilder des Hubble-Weltraumteleskops. Eine Modellierung der Sternbewegung in der Zentralregion der kompakten Zwerggalaxie M60-UCD1, die Remco van den Bosch vom MPIA auf Basis der Beobachtungsdaten vornahm, zeigte, dass die Galaxie ein zentrales Schwarzes Loch mit einer Masse von 21 Millionen Sonnen besitzt.
Die Beobachtung legt nahe, dass auch viele andere ultrakompakte Zwerggalaxien solche zentralen Schwarze Löcher beherbergen – und es sich bei diesen Zwerggalaxien um die Reste viel größerer Galaxien handelt, die bei Kollisionen mit anderen Galaxien große Teile ihrer ursprünglichen Struktur und damit ihrer Anzahl an Sternen und Masse verloren haben.
Nadine Neumayer vom MPIA sagt: "Das ist eine sehr spannende Entdeckung. Auch einige der größten Sternhaufen in unserer eigenen Galaxie, zum Beispiel Omega Centauri, enthalten vermutlich ein Schwarzes Loch. Da liegt nahe, dass es sich um die Kernregionen anderer Galaxien handeln könnte, die sich unsere Milchstraße im Lauf ihrer Entwicklung einverleibt hat. Der Nachweis des Schwarzen Lochs in M60-UCD1 passt genau in dieses Bild."
Im Gegensatz zu den überall in Galaxien anzutreffenden "kleinen" stellaren Schwarzen Löchern, bei denen es sich um die unter der eigenen Schwerkraft zusammengebrochenen Überreste massereicher Sterne handelt, ist die Herkunft der um Größenordnungen (mehr als eine Million Sonnenmassen) schwereren Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien noch eine der großen offenen Fragen der modernen Astrophysik. Ihre Entstehung ist offenbar eng mit der Bildung der Galaxien in der Frühphase des Universums verknüpft. Darauf weist eine vor einigen Jahren an vielen "normalen" Galaxien entdeckte Beziehung zwischen der Masse zentraler Schwarzen Löcher und der Massen der sie umgebenden Galaxien hin.
So besitzt das zentrale Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße zwar etwa vier Millionen Sonnenmassen, aber dies sind weniger als 0,01 Prozent der Gesamtmasse unserer Heimatgalaxie. Im Vergleich dazu entsprechen die 21 Millionen Sonnenmassen des zentralen Schwarzen Lochs in M60-UCD1 etwa 15 Prozent der Gesamtmasse der Zwerggalaxie mit ihren 140 Millionen Sonnen.
Ursprünglich dürfte M60-UCD1 damit sehr viel größer gewesen sein und vermutlich rund zehn Milliarden Sterne besessen haben. Doch als sie in die Nähe des Zentrums der noch größeren Galaxie M60 gelangte, hätte sie durch gravitative Wechselwirkung die allermeisten ihre Sterne und die Dunkle Materie in ihrem Außenbereich an M60 verloren.
Die genaue Umlaufbahn der Zwerggalaxie um M60 ist bislang nicht bekannt, aber in ferner Zukunft könnte die kleinere Zwerggalaxie sogar gänzlich von M60 verschluckt werden und mit deren Zentrum verschmelzen. M60 ist eine der größten uns bekannten Galaxien im lokalen Universum und besitzt ein zentrales Schwarzes Loch von etwa 4,5 Milliarden Sonnenmassen – 1000-mal schwerer als das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxis.
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