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Extreme Moleküle: Eisen in seiner exotischsten Form

Erstmals wurde Eisen in einem Molekül dazu gebracht, sieben Elektronen abzugeben. Bei der ungewöhnlichen und völlig unerwarteten Reaktion half sogar ein Edelgas mit.
Illustration einer Atomdarstellung mit etwas ähnlichem wie Orbitale drumherum, alles in pink und blau
Wenn man ihnen nach und nach immer mehr Elektronen entzieht, fangen Atome an, aggressiv zu werden.

Eine extreme Version des Eisens, die in ähnlicher Form sonst nur in der Sonne vorkommt, haben Fachleute jetzt chemisch hergestellt. Die neue Verbindung enthält im Zentrum ein Eisenatom, das sieben Elektronen an seine Reaktionspartner abgegeben hat. In gängigen Verbindungen ist Eisen lediglich dreifach oxidiert.

Wie ein Team um Karsten Meyer von der Universität Erlangen-Nürnberg berichtet, entsteht es, indem man einen bereits sehr ungewöhnlichen Komplex mit sechsfach oxidiertem Eisen im Zentrum mit einer hochreaktiven Verbindung aus dem Edelgases Xenon und Fluor reagieren lässt. Das entstehende Molekül mit siebenfach oxidiertem Eisen ist laut der in der Fachzeischrift »Nature« erschienenen Veröffentlichung nur bei Temperaturen unterhalb von -50 Grad Celsius leidlich stabil und baut sich sehr schnell um. Extrem elektronenarme Eisenverbindungen könnten in chemischen Reaktionen seltene und teure Elemente ersetzen und so dabei helfen, Ressourcen zu sparen.

Ein Eisenatom hat insgesamt 26 Elektronen, von denen es drei recht bereitwillig abgibt und in eine stabile Konfiguration mit fünf Außenelektronen gelangt. Solches dreiwertiges Eisen kommt zum Beispiel in Rost vor. Doch je mehr weitere Elektronen dem Atom entrissen werden, desto höher wird seine Ladung und die Anziehungskraft, die es auf Elektronen anderer Atome in der Umgebung ausübt. Deswegen neigen so stark oxidierte Eisenverbindungen dazu, anderen Molekülen Elektronen zu entreißen. Diese Bereitschaft, ohne eigene Veränderungen negative Ladungen abzugeben und wieder aufzunehmen, ist in vielen chemischen Reaktionen eine gewünschte Eigenschaft. Allerdings macht es die von dem Team um Meyer entwickelten Stoffe auch sehr instabil.

In den von der Arbeitsgruppe entwickelten Verbindungen ist das Eisen deswegen ringsum von Partnern umgeben, die ihrerseits Elektronen sehr stark binden. So ist das sechsfach oxidierte Eisen, das die Forschenden ebenfalls in der Veröffentlichung beschreiben, umgeben von einem sehr stickstoffhaltigen, verzweigten organischen Molekül: einem dreifach gebundenen einzelnen Stickstoffatom und Fluor, dem am stärksten Elektronen anziehenden Element im Periodensystem. Dass sogar dieses Molekül noch ein Elektron abgeben würde, hatten die Fachleute nicht erwartet. Doch mit Hilfe von Xenonfluorid entstand siebenfach oxidiertes Eisen im Zentrum des Komplexes.

Sechsfach und siebenfach oxidiertes Eisen | Die Strukturen der beiden neuen Komplexe, in denen Eisen von stark Elektronen ziehenden Partnern umgeben ist. Schon sechsfach oxidiertes Eisen war bisher nur aus drei anderen Verbindungen bekannt.

Auf diese Weise entsteht ein Molekül, in dem Eisen formal mehr Elektronen abgegeben hat als in jeder anderen bekannten chemischen Verbindung. Zwar bilden die umgebenden Partner mit Eisen Bindungen, in denen sie Elektronen teilen – doch die gehören alle zu den Partnern. Sie sind deswegen keine klassischen Elektronenpaarbindungen, sondern so genannte Komplexbindungen. Dass diese Komplexe so reaktiv sind, zeigt, dass den Eisenatomen ganz real Elektronen fehlen. Es ist das erste Mal, dass dem Element durch chemische Reaktionen derart viele Elektronen entrissen wurden. Eisen mit sieben fehlenden Elektronen findet man sonst nur noch in sehr energiereichen Umfeldern wie der Magnetosphäre der Sonne oder in planetarischen Nebeln, wo hohe Temperaturen und starke Magnetfelder die Elektronen vom Kern trennen.

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