Exoplaneten: Extreme Welten: Kepler 78b und KOI 1843.03
Astronomen um Roberto Sanchis-Ojeda und Saul Rappaport vom Massachusetts Institute of Technology stießen in den Messdaten des Weltraumteleskops Kepler auf zwei Exoplaneten vom Typ "heiße Erde", die ihre jeweiligen Zentralgestirne in 8,5 beziehungsweise 4,3 Stunden umrunden. Damit sind sie die derzeitigen Rekordhalter für die kürzeste Umlaufperiode.
Die Existenz des Planeten mit der längeren Umlaufdauer gilt als bereits gesichert, so dass er die Bezeichnung Kepler 78b trägt. Der andere Himmelskörper ist dagegen noch ein Planetenkandidat und wird daher als KOI 1843.03 bezeichnet (KOI = Kepler Object of Interest). Beide Planeten sind ihren Zentralgestirnen so nahe, dass die Oberflächentemperaturen auf den sonnenzugewandten Seiten zwischen 2000 und 3000 Grad Celsius betragen. Sie sind somit für Leben, wie wir es kennen, denkbar ungeeignet, denn ihre Oberflächen dürften aus geschmolzenen Silikatmineralen, also glutflüssiger Lava bestehen.
Kepler 78b umrundet sein sonnenähnliches Zentralgestirn in einem Abstand von nur 1,5 Millionen Kilometern zu dessen Zentrum, das heißt, er ist von der Sternoberfläche nur eine Million Kilometer entfernt. Dies entspricht der 2,6-fachen Distanz von der Erde zum Mond. Der Planet weist rund den 1,2-fachen Durchmesser der Erde (15 000 Kilometer) auf und seine geschätzte Masse liegt unterhalb von acht Erdmassen. Daraus lässt sich ableiten, dass dieser Himmelskörper auf jeden Fall ein felsiger Himmelskörper ist und kein Gasplanet. Letzterer könnte den extremen Bedingungen in der unmittelbaren Sternnähe auch nicht standhalten. Das Zentralgestirn Kepler 78 besitzt rund 80 Prozent der Sonnenmasse und drei Viertel des Sonnendurchmessers. Die Oberflächentemperatur ist mit rund 4800 Grad Celsius um rund 700 Grad niedriger als bei unserer Sonne.
Sollte sich das Objekt KOI 1843.03 tatsächlich als Planet bestätigen lassen, wären die Bedingungen noch extremer. Zwar erreicht das Zentralgestirn nur rund die Hälfte der Sonnenmasse und ist mit einer Oberflächentemperatur von 3200 Grad Celsius auch beträchtlich kühler (Sonne = 5500 Grad Celsius), aber der mögliche Planet kommt ihm extrem nahe. Nur rund 285 000 Kilometer, also etwa drei Viertel der Entfernung von der Erde zum Mond, trennen ihn von der Oberfläche seines Sterns. Aus den Messdaten von Kepler leiten die Astronomen einen Durchmesser von 7800 Kilometern ab, also rund zwei Drittel des Erddurchmessers. Aus den Beobachtungen der Planetentransits konnten die Forscher zudem ableiten, dass seine mögliche Masse deutlich unterhalb von acht Erdmassen liegen muss.
Aber das Team um Saul Rappaport geht einige Schritte weiter, um KOI 1843.03 noch genauer zu charakterisieren. Es untersuchte, wie sich die Roche-Grenze um den Stern auf einen möglichen Planeten auswirkt. Sie wollen damit klären, welche Eigenschaften der Himmelskörper haben muss, um im beobachteten Abstand zum Stern längerfristig existieren zu können. Die Roche-Grenze, benannt nach dem französischen Astronomen und Mathematiker Éduard Albert Roche (1820 – 1883), gibt an, wie nahe ein kleinerer Himmelskörper an ein wesentlich massereicheres Objekt herankommen kann, ohne durch Gezeitenkräfte auseinandergerissen zu werden. Dies ist der Fall, wenn die auf den kleineren Himmelskörpers wirkenden Gezeitenkräfte dessen molekulare Bindungskräfte übersteigen.
Die Astronomen untersuchten mittels mathematischer Modelle theoretische Exoplaneten mit unterschiedlichen Zusammensetzungen. Im Extremfall bestanden ihre Modellplaneten aus reinem flüssigen Eisen oder zu 100 Prozent aus flüssigen Silikatmineralen. Die Modelle betrachteten jedoch auch Mischungen aus diesen beiden Grenzfällen.
Aus den Simulationen ergab sich für die beobachteten Eigenschaften von KOI 1843.03 eine Welt, die rund eine halbe Erdmasse aufweist und zu einem großen Teil aus metallischem Eisen besteht. Anderenfalls würde der Himmelskörper innerhalb kurzer Zeit durch sein Zentralgestirn zerstört. Die mittlere Dichte liegt bei rund sieben Gramm pro Kubikzentimeter. Daraus ergibt sich für KOI 1843.03, dass dieser aus einem metallischen Eisenkern mit rund 70 Prozent der Planetenmasse besteht. Der Rest verteilt sich auf eine dünne Schicht aus flüssigen Silikatmineralen. Bei der Erde dagegen kommt der Eisenkern nur auf etwa ein Drittel der Planetenmasse, der Rest besteht aus Silikatmineralen und bildet den rund 3000 Kilometer dicken Erdmantel.
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