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Horizontaler Gentransfer: Extremist besteht aus ziemlich viel Bakterium

Schwefelquelle in Island

Die in heißen, schwefligen Vulkanquellen heimische Rotalge Galdieria sulphuraria hat viel vom nötigen Überlebensrüstzeug für ihren herausfordernden Lebensraum von urtümlicheren Einzellern abgekupfert: Mindesten fünf Prozent der für Proteine kodierenden Genausstattung der Alge stammen ursprünglich von Mikroben oder Archaeen, so die Erbgutanalyse eines Teams um Gerald Schönknecht von der Universität Düsseldorf.

Die mindestens 75 aus einzelligen Fremdspezies importierten Gene erlauben es der Alge zum Beispiel, toxische Schwermetalle wie Quecksilber zu entgiften oder hohe Umgebungstemperaturen besser zu überstehen. Die Erbgutübernahme verleiht also Fähigkeiten, die verwandte, in weniger anspruchsvoller Umwelt lebende Rotalgen nicht besitzen. Ein derartig sinnvoller Funktionsgewinn per Genübernahme ist bei höher entwickelten, frei lebenden Vielzellern "nach unserem Wissen bislang nie" publik geworden, so die Forscher.

Tatsächlich hat sich G. sulphuraria seit wohl rund einer Milliarde Jahren von anderen Vertretern ihrer Sippschaft stark wegentwickelt, also etwa ähnlich lange wie Taufliegen von Menschen. Dabei hat sich zum einen das Genom der extremophilen Alge verschlankt: Die funktionalen Gene folgen dichter aufeinander und sind auch seltener durch nicht kodierende Introns unterbrochen. Offenbar verlief die funktionelle Evolution des genetischen Materials bei G. sulphuraria ohnehin ziemlich anders, als es für Eukaryonten typisch ist: Während die Schwefelquellen-Rotalge wohl häufig Gene hilfreicher Funktion von an die Umgebung angepassten Bakterien und Archaeen durch horizontalen Gentransfer aufgenommen hat, erfinden Eukaryonten neue Proteinwerkzeuge sonst eher nach einem Prozess der Genduplikation. Dabei verdoppelt sich ein Gen erst, wird somit als Zusatzkopie für das Alltagsüberleben weniger entscheidend und frei für zufällige Veränderungen, um dann schließlich neue Funktionalitäten hervorbringen zu können.

Das Erbgut von G. sulphuraria zeichnet sich allerdings nicht durch typische bakterielle Importgene aus, sondern auch durch althergebrachte, charakteristische Erbgutabschnitte, die andere Eukaryonten offenbar im Lauf der Evolution verloren haben. Dazu könnten etwa einige Spezialenzyme zum Abbau von Fettsäuren oder zum Verstoffwechseln von Aminosäuren gehören, die sonst nur bei Pilzen, Braunalgen oder tierischen Organismen zu finden sind. Insgesamt ist das Erbgut der ungewöhnlichen Rotalge also ein Spiegelbild ihrer ungewöhnlichen Lebensumstände – und ein Beleg dafür, dass die Natur in Sonderfällen auch Sonderlösungen präsentieren kann.

  • Quellen
Science 339, 120, 2013

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