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News: Falscher Verdächtiger

Der Übeltäter im Fall Kartoffelfäule war längst gefunden - so dachte man bisher. Doch der beschuldigte Stamm des Pflanzenschädlings scheint nach neuesten Untersuchungen 150 Jahre alter Kartoffelblätter zu unrecht verdächtigt worden zu sein. PCR-Analysen mitochondrialer DNA zeigen nun, dass die verheerende Hungersnot in Irland ihren Ursprung eher in einem bislang unbeachteten Stamm des Pathogens hat.
Was in der menschlichen Kriminalistik öfter vorkommt als man denkt, scheint nun auch im Reich der Krankheitserreger Realität geworden zu sein. Jahrelang war der Falsche verdächtigt worden, und erst neueste Untersuchungsmethoden bringen seine Unschuld ans Licht. So befiel zwischen 1845 und 1847 die Kartoffelfäule die irischen Felder und sorgte für eine katastrophale Verwüstung unter den Erdknollen. Der Mangel bedeutete für mehr als eine Million Iren den Tod und trieb weitere zwei Millionen in die Immigration über den großen Teich.

Verantwortlich für das Massensterben der Pflanzen war angeblich ein bestimmter Stamm des Krankheitserregers Phytophthora infestans, nämlich der Haplotyp 1b. Doch Jean Beagle Ristaino und ihre Kollegen von der North Carolina State University glaubten nicht so recht an diese weitverbreitete Meinung. Sie machten sich über altertümliche Exemplare von Kartoffelblättern aus den Jahren 1845 bis 1847 her, die ordentlich im Herbarium des Royal Botanic Gardens in England aufbewahrt wurden.

Mit Hilfe der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) vervielfältigten sie bestimmte Genabschnitte, die das infektiöse Pathogen bei seinem Befall in der Pflanze zurückgelassen hatte. Im Gegensatz zu ihren Kollegen untersuchten sie aber nicht die Erbinformation im Kern jeder Zelle, sondern interessierten sich für die so genannte mitochondriale DNA, die sich in speziellen Zellkompartimenten – den Mitochondrien – befindet und, anders als die Kerninformation, hauptsächlich über das mütterliche Genom vererbt wird.

Sie extrahierten aus 123 unterschiedlichen Blättern die DNA und konnten in 28 Proben das enthaltene Erbgut erfolgreich vervielfältigen und somit auswerten. Um Kontaminationen mit Phytophthora infestans aus vorangegangen Studien zu vermeiden, wanderte das Team in ein Phytophthora-freies Labor aus. Als Vergleich dienten Blätter der Erdknollen, die erst in jüngster Zeit dem Pathogen zum Opfer gefallen waren. Die Untersuchungen der Forscher zeigten deutlich, dass der beschuldigte Haplotyp 1b als Täter nicht in Frage kommen konnte. Denn seine Erbinformation ließ sich in den untersuchten alten Blättern nicht aufspüren.

Ristaino spekuliert nun, dass ein anderer der drei Phytophthora-Stämme Irland vor über 150 Jahren heimgesucht haben könnte. Allerdings gibt es noch eine weitere Möglichkeit: Ein unbekannter Haplotyp hat die Epidemie verursacht und sich kurz danach aus der Verantwortung gezogen, indem er mutierte oder ausstarb.

  • Quellen
Nature 411: 695–697 (2001)

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