Zoologie: Familiäre Auseinandersetzung
Das kleine Lanzettfischchen galt für Generationen von Biologie-Studenten als Paradebeispiel für ein "Fast-Wirbeltier". Doch vielleicht müssen die Zoologie-Lehrbücher ein wenig umgeschrieben werden.
Lanzett-"Fischchen" wird das nur wenige Zentimeter große Tier genannt. Lanzettförmig sieht es auch tatsächlich aus, aber mit Fischen hat das im Meeresgrund eingegrabene Wesen nur am Rande zu tun.
So unscheinbar sich das Lanzettfischchen präsentiert, für Biologen gilt Branchiostoma, wie die Gattung bei ihnen heißt, als Paradebeispiel für einen Modellorganismus – steht es doch nach gängiger Lehrmeinung an der Basis der Wirbeltiere, zu denen ja bekanntermaßen auch der Mensch zählt. Wirbeltiere oder Vertebrata stellen demnach einen Unterstamm der Chordata dar. Zu diesem Tierstamm gehören auch noch die Schädellosen oder Acrania – mit unserem Lanzettfischchen – sowie die Manteltiere oder Tunicata, eine für unsere Augen eher fremd aussehende Gruppe von Meeresorganismen, unter denen sich beispielsweise auch die festsitzenden Seescheiden einreihen.
So weit die Theorie. Belege hierfür sind allerdings rar, da nur wenige Fossilien aus der Frühzeit der Chordatiere erhalten sind. Die Zoologen mussten sich bisher beim Blick in die Vergangenheit fast ausschließlich auf den Vergleich heutiger Organismen stützen. Doch inzwischen liefert die moderne Genetik den Systematikern und Evolutionsbiologen neues Handwerkszeug, das auch Frédéric Delsuc und seine Kollegen von der kanadischen Universität Montréal zu nutzen wussten.
Das Ergebnis des Genvergleichs könnte einige Umbauarbeiten am Stammbaum der Chordaten nach sich ziehen. Zunächst müsste das Lanzettfischchen von der Basis der Wirbeltiere weichen und sich zu einem ganz anderen Stamm gesellen: Fortan fühlte es sich den Stachelhäutern mit Seeigeln und Seesternen verbunden. Und die so befremdlich erscheinenden Tunicaten wären jetzt näher mit uns verwandt als bisher gedacht.
Doch die Zoologenzunft gibt sich noch vorsichtig. Schließlich hätten die Tunicaten in ihrer Evolution etliche Gene verloren und neue gewonnen, betont beispielsweise die Evolutionsbiologin Billie Swalla von der Universität von Washington. Um den Stammbaum der Chordaten umzuwerfen, reicht daher der Erbgutvergleich der kanadischen Forscher um Delsuc nicht aus. "Ich halte es für voreilig zu sagen, dass sie die Stellung der Tunicaten eindeutig bewiesen hätten."
So unscheinbar sich das Lanzettfischchen präsentiert, für Biologen gilt Branchiostoma, wie die Gattung bei ihnen heißt, als Paradebeispiel für einen Modellorganismus – steht es doch nach gängiger Lehrmeinung an der Basis der Wirbeltiere, zu denen ja bekanntermaßen auch der Mensch zählt. Wirbeltiere oder Vertebrata stellen demnach einen Unterstamm der Chordata dar. Zu diesem Tierstamm gehören auch noch die Schädellosen oder Acrania – mit unserem Lanzettfischchen – sowie die Manteltiere oder Tunicata, eine für unsere Augen eher fremd aussehende Gruppe von Meeresorganismen, unter denen sich beispielsweise auch die festsitzenden Seescheiden einreihen.
Nun war für Generationen von Zoologen klar, dass die doch eher "fischigen" Acranier näher mit den Wirbeltieren verwandt sein müssen, als die glibberigen Erscheinungen der Tunicaten. Schließlich haben die Acranier fast alles, was ein echtes Wirbeltier braucht – nur eben keine Wirbelsäule und, der Name deutet es an, keinen Schädel. Wie Branchiostoma sollte daher auch unser gemeinsamer Vorfahre ausgesehen haben, der irgendwann vor über 500 Millionen Jahren im Schlamm des Kambriums herumgewühlt haben mag. Dieses Wesen könnte wiederum aus einer Tunicaten-Larve hervorgegangen sein, denn interessanterweise schwimmen die Jugendstadien der Manteltiere noch frei herum und ähneln frappierend den Lanzettfischchen.
So weit die Theorie. Belege hierfür sind allerdings rar, da nur wenige Fossilien aus der Frühzeit der Chordatiere erhalten sind. Die Zoologen mussten sich bisher beim Blick in die Vergangenheit fast ausschließlich auf den Vergleich heutiger Organismen stützen. Doch inzwischen liefert die moderne Genetik den Systematikern und Evolutionsbiologen neues Handwerkszeug, das auch Frédéric Delsuc und seine Kollegen von der kanadischen Universität Montréal zu nutzen wussten.
Hilfreich zur Seite stand den Forschern das Manteltier Oikopleura dioica, dessen Erbgut inzwischen entziffert ist. Damit konnten sie 146 Gene von insgesamt 38 Spezies miteinander vergleichen – darunter acht Wirbeltiere einschließlich des Menschen, aber auch Muscheln, Einzeller oder Pilze.
Das Ergebnis des Genvergleichs könnte einige Umbauarbeiten am Stammbaum der Chordaten nach sich ziehen. Zunächst müsste das Lanzettfischchen von der Basis der Wirbeltiere weichen und sich zu einem ganz anderen Stamm gesellen: Fortan fühlte es sich den Stachelhäutern mit Seeigeln und Seesternen verbunden. Und die so befremdlich erscheinenden Tunicaten wären jetzt näher mit uns verwandt als bisher gedacht.
Die klassische Vorstellung einer im Laufe der Evolution zunehmenden Komplexität von den Manteltieren über die Schädellosen bis hin zu den echten Wirbeltieren könnte sich daher als anthropozentrische Fehlinterpretation erweisen, schreiben die Wissenschaftler. "Die Tunicaten sollten deshalb nicht länger als 'primitive', sondern als abgeleitete Chordaten mit einer hoch spezialisierten Lebensweise betrachtet werden."
Doch die Zoologenzunft gibt sich noch vorsichtig. Schließlich hätten die Tunicaten in ihrer Evolution etliche Gene verloren und neue gewonnen, betont beispielsweise die Evolutionsbiologin Billie Swalla von der Universität von Washington. Um den Stammbaum der Chordaten umzuwerfen, reicht daher der Erbgutvergleich der kanadischen Forscher um Delsuc nicht aus. "Ich halte es für voreilig zu sagen, dass sie die Stellung der Tunicaten eindeutig bewiesen hätten."
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