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Sinnesphysiologie: Fangschreckenkrebse sehen anders

Der Clown-Fangschreckenkrebs

Den Menschen und Bienen genügen drei, Schildkröten haben vier, und Schmetterlinge der Gattung Papilio haben sogar acht verschiedene Lichtsinneszellen, um das Bunt ihrer Umwelt wahrzunehmen. Fangschreckenkrebse hingegen setzen auf mindestens zwölf Typen von Fotorezeptoren. Das Rätsel um diese Vielfalt lösten nun Justin Marshall und seine Kollegen von der University of Queensland mit Hilfe des Fangschreckenkrebses Haptosquilla trispinosa. Die Tiere besitzen ihr ganz eigenes Prinzip des Farbensehens.

Das Facettenauge des Fangschreckenkrebs | Das Mittelband teilt das Facettenauge in zwei Hälften. Deren visuelle Felder überlappen sich und ermöglichen es dem Fangschreckenkrebs, geringe Entfernungen zu messen. Das Blickfeld des Mittelbandes ist zwar 180° lang, aber nur 5° hoch.

Die Facettenaugen der Krebse bestehen aus zehntausenden kleinen Einzelaugen, von denen jedes einzelne einen Bildpunkt beisteuert. Im Zentrum des Komplexauges befindet sich ein so genanntes Mittelband: Sechs Augenreihen verlaufen quer über die Breite des Sehorgans und teilen es in eine obere und eine untere Hälfte. Die ersten vier dieser Augenreihen sind verantwortlich für das Farbensehen. Sie enthalten bei H. trispinosa die besagten zwölf unterschiedlichen Rezeptortypen. Die unteren beiden Augenreihen ermöglichen den Krebsen, linear und zirkular polarisiertes Licht wahrzunehmen.

Die Forscher bemerkten nun aber, dass der Fangschreckenkrebs trotz dieser beeindruckenden Zahl von Fotorezeptoren einzelne Farben nicht so gut voneinander unterscheiden kann, wie man annehmen würde. Die Tiere wurden auf eine Farbe, also Licht einer bestimmten Wellenlänge, trainiert, bei der sie eine Futterbelohnung erhielten. Stellte man sie vor die Wahl, sich zwischen zwei angebotenen Farben zu entscheiden, dann wählten sie immer die Futterfarbe – sofern die Krebse sie erkannten. Denn es zeigte sich, dass Fangschreckenkrebse nur Licht mit einer Wellenlängendifferenz von etwa 25 Nanometern unterscheiden können. Das entspricht ungefähr dem Unterschied zwischen einem dunklen Gelb und Orange. Der Mensch, mit nur drei Farbrezeptortypen, kann dagegen noch Unterschiede von einem Nanometer feststellen.

Das liegt daran, dass unser Gehirn die Informationen der verschiedenen Rezeptoren noch miteinander vergleicht und komplex verrechnet. Wie der Fangschreckenkrebs die Informationen seines außergewöhnlichen Auges im Gehirn verarbeitet, ist bislang weit gehend unklar. Dass er ebenfalls die Informationen verrechnet, schließen die Forscher jedoch aus: Dann müsste er deutlich kleinere Wellenlängenunterschiede erkennen.

Sie vermuten daher, dass der Krebs sich diesen relativ zeitintensiven Schritt spart und vielmehr seine Augen wie einen Zeilenscanner einsetzt. Dafür tastet er das Objekt mit einer schnellen Augenbewegung ab. Er bekommt so ein zeitlich und räumlich definiertes Signal für jeden der zwölf Rezeptortypen und erzeugt damit ein grobes Raster der einzelnen Rezeptorantworten, welches als Farbeindruck erkannt wird. Das wäre eine einzigartige und sehr schnelle Methode, um Farben zu entschlüsseln. Diese noch so geringe Zeitersparnis könnte den Fangschreckenkrebsen im Korallenriff einen kostbaren Vorteil verschaffen, wenn sie Beutetiere schnappen oder sich gegen Angreifer zur Wehr setzen wollen.

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