Physiologie: Farbstark
Als "farbenblind" werden Menschen mit veränderter Farbwahrnehmung immer wieder fälschlicherweise bezeichnet. Dabei sehen Farbschwache durchaus die Welt bunt - nur eben anders.
John Dalton war ein vielseitiger Mensch. Denn nach dem britischen Chemiker und Physiker ist nicht nur die Einheit der Molekülmasse und das Dalton'sche Gesetz der Partialdrücke benannt, er erfand auch das Taupunkt-Hygrometer und verewigte sich in der Moos-Familie der Daltoniaceae. Doch nicht nur das: 1798 beschrieb er ein Phänomen, das er zuvor an sich selbst und seinem Bruder entdeckt hatte und als "Daltonismus" in die Medizin Eingang finden sollte.
Der Begriff ist heute allerdings kaum noch geläufig, vielmehr spricht man von Farbenfehlsichtigkeit oder kurz Farbschwäche. Die Ursache blieb Dalton noch rätselhaft; heute ist längst bekannt, dass ein leicht verschobenes Absorptionsspektrum eines der Sehpigmente die veränderte Wahrnehmung auslöst.
Denn um die Welt bunt zu sehen, verfügt die Netzhaut unserer Augen über drei verschiedene Farbsensoren, die nach ihren Vorlieben für kurz- (430 Nanometer; blau), mittel- (530 Nanometer; grün) und langwelliges Licht (560 Nanometer; rot) als S- , M- und L-Zapfen bezeichnet werden. Etwa vier bis sechs Prozent der Männer besitzen nun einen Grün-Rezeptor, dessen Absorptionsspektrum zum langwelligeren roten Licht verschoben ist und der daher – je nach Betrachtungsweise – unter dem Namen M'- oder L'-Zapfen firmiert. Menschen mit einer solchen Deuteranomalie genannten Farbenfehlsichtigkeit – genau das war Dalton aufgefallen – verwechseln daher rote mit grünen Farbtönen. Farben-"blind", wie häufig zu hören ist, sind sie nicht.
Wie zu erwarten, gab es Farbkombinationen, die Normalsichtige problemlos auseinanderhalten konnten, während sie für Farbschwache identisch erschienen. Doch auch der umgekehrte Fall trat auf: 15 Pärchen bestimmter Khakitöne sahen für die Normalen absolut gleich aus. Farbschwache zögerten jedoch nicht lange; für sie handelte es sich jeweils um zwei klar voneinander zu unterscheidende Farben.
Den Wissenschaftlern kam das Phänomen bekannt vor, wie Mollon erläutert: "Das Ergebnis erinnert an Berichte aus dem Zweiten Weltkrieg, nach denen 'farbenblinde' Beobachter im Erkennen von Tarnfarben überlegen waren."
Und vielleicht könnte diese Überlegenheit in der Evolution eine wichtige Rolle gespielt haben, spekulieren die Forscher weiter. Denn die Gene, die Farbenfehlsichtigkeiten wie Deuteranomalie verursachen, liegen auf dem X-Chromosom. Da Männer bekannterweise nur eines davon besitzen – auf dem Y-Chromosom fehlen die entsprechenden Erbfaktoren – sind sie auch viel häufiger betroffen.
Frauen können jedoch mit ihren beiden X-Chromosomen zwei Versionen eines Farbrezeptors besitzen: Den normalen M-Zapfen für grün sowie den zum Roten verschobenen M'-Zapfen. Ihre Augen besäßen dann streng genommen nicht drei, sondern vier verschiedene Farbsinneszellen – und die vermeintliche Schwäche avancierte zur Farbstärke.
Ob eine derartige "tetrachromatische" Farbwahrnehmung tatsächlich zu einem Vorteil für unsere weiblichen Ahnen gereicht hat, verliert sich im Reich der Spekulation. Klar erkennbar bleibt jedoch, dass Farbschwache keineswegs blind sind – sie sehen vielmehr die Welt mit anderen Augen.
Der Begriff ist heute allerdings kaum noch geläufig, vielmehr spricht man von Farbenfehlsichtigkeit oder kurz Farbschwäche. Die Ursache blieb Dalton noch rätselhaft; heute ist längst bekannt, dass ein leicht verschobenes Absorptionsspektrum eines der Sehpigmente die veränderte Wahrnehmung auslöst.
Denn um die Welt bunt zu sehen, verfügt die Netzhaut unserer Augen über drei verschiedene Farbsensoren, die nach ihren Vorlieben für kurz- (430 Nanometer; blau), mittel- (530 Nanometer; grün) und langwelliges Licht (560 Nanometer; rot) als S- , M- und L-Zapfen bezeichnet werden. Etwa vier bis sechs Prozent der Männer besitzen nun einen Grün-Rezeptor, dessen Absorptionsspektrum zum langwelligeren roten Licht verschoben ist und der daher – je nach Betrachtungsweise – unter dem Namen M'- oder L'-Zapfen firmiert. Menschen mit einer solchen Deuteranomalie genannten Farbenfehlsichtigkeit – genau das war Dalton aufgefallen – verwechseln daher rote mit grünen Farbtönen. Farben-"blind", wie häufig zu hören ist, sind sie nicht.
Sehen Farbschwache damit die Welt weniger bunt? Nicht unbedingt. Denn auch bei manchen der zum Test eingesetzten Ishihara-Farbtafeln – jenen bunten Punktwolken, aus der es eine Ziffer zu erkennen gilt – gibt es Varianten, bei denen Deuteranomale etwas wahrnehmen, während Normalsichtige hier versagen. Die Arbeitsgruppe von John Mollon von der Universität Cambridge ging nun dieser unterschiedlichen Farbwahrnehmung etwas näher auf den Grund. Die Forscher kreierten dazu Testtafeln, auf denen jeweils zwei Farbkleckse unterschiedlicher Grüntöne zu sehen waren und präsentierten diese drei Normalsichtigen sowie drei Personen mit Deuteranomalie.
Wie zu erwarten, gab es Farbkombinationen, die Normalsichtige problemlos auseinanderhalten konnten, während sie für Farbschwache identisch erschienen. Doch auch der umgekehrte Fall trat auf: 15 Pärchen bestimmter Khakitöne sahen für die Normalen absolut gleich aus. Farbschwache zögerten jedoch nicht lange; für sie handelte es sich jeweils um zwei klar voneinander zu unterscheidende Farben.
Den Wissenschaftlern kam das Phänomen bekannt vor, wie Mollon erläutert: "Das Ergebnis erinnert an Berichte aus dem Zweiten Weltkrieg, nach denen 'farbenblinde' Beobachter im Erkennen von Tarnfarben überlegen waren."
Und vielleicht könnte diese Überlegenheit in der Evolution eine wichtige Rolle gespielt haben, spekulieren die Forscher weiter. Denn die Gene, die Farbenfehlsichtigkeiten wie Deuteranomalie verursachen, liegen auf dem X-Chromosom. Da Männer bekannterweise nur eines davon besitzen – auf dem Y-Chromosom fehlen die entsprechenden Erbfaktoren – sind sie auch viel häufiger betroffen.
Frauen können jedoch mit ihren beiden X-Chromosomen zwei Versionen eines Farbrezeptors besitzen: Den normalen M-Zapfen für grün sowie den zum Roten verschobenen M'-Zapfen. Ihre Augen besäßen dann streng genommen nicht drei, sondern vier verschiedene Farbsinneszellen – und die vermeintliche Schwäche avancierte zur Farbstärke.
Ob eine derartige "tetrachromatische" Farbwahrnehmung tatsächlich zu einem Vorteil für unsere weiblichen Ahnen gereicht hat, verliert sich im Reich der Spekulation. Klar erkennbar bleibt jedoch, dass Farbschwache keineswegs blind sind – sie sehen vielmehr die Welt mit anderen Augen.
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