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News: Fataler Charakterwandel

Zweifellos ging der Pesterreger als wohl berüchtigtstes Bakterium in die Menschheitsgeschichte ein, da es im Mittelalter nahezu ganz Europa entvölkerte. Vermutlich entwickelte es sich aus einem nahen Verwandten, der nur leichte Bauchschmerzen hervorruft. Verantwortlich für den grundlegenden Charakterwandel ist offenbar ein einziges Gen, den der harmlose Vorfahr einst zufällig aufgeschnappte. Mithilfe dieses Bausteins gelingt es dem bereicherten Keim, sich im Magen seines Transportvehikels, dem Rattenfloh, der Vernichtung zu entziehen.
Traurige Berühmtheit erlangte das stäbchenförmige Bakterium Yersinia pestis als Erreger der Pest. Im Mittelalter entwickelte sich der via Flöhe von Nagetieren übertragene Mikroorganismus zu einer Geißel der Menschheit, als er allein in Europa schätzungsweise 30 Millionen Opfern den "Schwarzen Tod" brachte. Seine Wurzeln liegen indes nur etwa 1500 bis 20 000 Jahre zurück. In dieser Zeitspanne ist der gefährliche Keim sehr wahrscheinlich schrittweise aus dem eher gutartigen Vorfahren namens Yersinia pseudotuberculosis hervorgegangen.

Dieser harmlose Darmparasit zeichnet sich lediglich für leichte Magenkrankheiten verantwortlich, die sich Menschen infolge verseuchter Nahrung oder kontaminierten Wassers zuziehen. Wie das Bakterium seine Strategie allerdings so grundlegend verändern konnte, dass es sich in einen lebensgefährlichen Organismus verwandelte, blieb den Wissenschaftlern lange Zeit ein Rätsel. Nun sind aber Joseph Hinnebusch vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases und seine Kollegen dem Geheimnis des Pesterregers ein Stück näher gekommen.

In seiner genetischen Ausstattung spürten die Forscher die vermutliche Ursache für den Charakterwandel auf: Im Gegensatz zu seinem wenig schädlichen Vorfahren besitzt Y. pestis eine zusätzliche Erbanlage, welche die Bauanleitung für ein bestimmtes Enzym – eine Phospholipase D (PLD) – in sich trägt. Vermutlich hat der Pesterreger sie einst von einem artfremden Bakterium oder einfach gestrickten, kernhaltigen Organismus erworben. Und dieses Gen hat es offenbar in sich, wie Versuche an dem Rattenfloh Xenopsylla cheopis enthüllten.

Um seine Wirkung genauer aufzuklären, infizierten die Wissenschaftler ihre Versuchstiere mit zwei Varianten des Pesterregers – während die eine jene besagte Erbanlage aufwies, fehlte sie den manipulierten Artgenossen. Und das Ergebnis fiel eindeutig aus: Lediglich die "mangelhaften" Exemplare des Bakteriums gingen im Verdauungstrakt der Rattenflöhe zugrunde, die Träger des PLD-Gens konnten sich hingegen ungestört in deren Mitteldarm ansiedeln. Offenbar ist die Aktivität jenes Enzym überlebenswichtig, um den Keim vor der sicheren Zerstörung zu bewahren.

Die neue Studie fügt dem besseren Verständnis des Auftretens gefährlicher Krankheiten wie der Pest ein wichtiges Puzzlestück hinzu, denn sie veranschaulicht, wie tiefgreifend sich allein eine einzige Genveränderung auswirken kann. In diesem Fall schuf der Wandel in der Erbausstattung die Voraussetzung für einen völlig neuen Übertragungsweg: Das PLD-Gen ermöglichte es dem Pestbakterium, nunmehr durch einen Insektenbiss auf einen anderen Wirt überzuspringen – eine Anpassung, in der es sich von all seinen nah verwandten, harmloseren Darmbakterien unterscheidet.

Und jene Anpassung an die blutsaugenden Insekten könnte wiederum die Auslese noch gefährlicherer Stämme begünstigt haben, welche letztlich für die Entstehung der Pest verantwortlich gewesen sein könnten, spekulieren die Forscher. Als nächsten Schritt planen sie nun, den molekularen Mechanismus aufzuklären, der Y. pestis im Verdauungsorgan der Rattenflöhe den Schutzstatus verleiht.

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