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Biomechanik: Federleicht

Der Weihnachtsmann wuchtet sich ja die Geschenke noch immer im Sack auf den Rücken. Archaischer geht's wohl kaum. Dann doch lieber einen dieser Gestellrucksäcke - oder noch besser: einen mit neuartiger Bungee-Technologie. Der verringert den Energieaufwand bei jedem Schritt.
Wipprucksack
Jeder hat ja bekanntlich sein Päckchen zu tragen. Der eine ein schweres, der andere ein leichtes. Allen gemeinsam ist jedoch, dass es immer ziemlich wippt, wenn man läuft. Die Hüftbewegungen heben nämlich jeden Rucksack und alles, was sonst noch auf den Rücken festgeschnallt ist, bei jedem Schritt um mehrere Zentimeter in die Höhe.

Das Problem: Genau dann, wenn beide Füße den Boden berühren, muss der Rucksack wieder hochgedrückt werden – sein scheinbares Gewicht wächst in der Belastungsspitze teils um das Doppelte. Doch just in dieser Phase wird auch am meisten Energie an den Boden abgegeben. Das "verringerte" Gewicht am oberen Umkehrpunkt der Auf-und-Ab-Bewegung kann daher den zusätzlichen Energieaufwand nicht wettmachen. Praktisch heißt das, dass Rucksäcke schwerer erscheinen, sobald man mit ihm zu laufen beginnt. Beim Rennen ist der Effekt sogar noch schlimmer.

Aufbau des Wipprucksacks | Über zwei Umlenkrollen wird das Seil hinter der beweglichen Platte entlanggeführt. Am oberen Ende des Gestells erkennt man die Backenklemmen, die zum Einstellen der Seillänge dienen.
Eine Lösung dafür hat sich jetzt Larry Rome von der Universität von Pennsylvania ausgedacht. Sein Vorschlag: Wird die eigentliche Last ausreichend flexibel aufgehängt und das ständige Auf und Ab bekämpft, sollte der Effekt ausbleiben. Im Gestellrahmen eines herkömmlichen Rucksacks befestigte er daher eine bewegliche Platte an zwei "Bungee-Seilen" aus Gummi, an denen sie sich frei hoch und runter bewegen konnte. Diese Platte trug wiederum die Rucksacktasche mit der Last – sprich: den Geschenken.

Setzt man sich mit der Konstruktion auf dem Rücken in Marsch, beginnen Platte und Last auf und ab zu schwingen – aber eben nur im Verhältnis zum restlichen Rucksack. Weil die Phasen beider Bewegungen fast exakt gegeneinander verschoben sind, gleichen sie sich im Endeffekt aus. Absolut betrachtet scheint die Rucksacktasche nahezu auf der Stelle zu schweben, während sich der Mensch um die Tasche herumbewegt, wie Videoaufnahmen belegen.

Um auch mathematisch beweisen zu können, dass seine neue Tragevorrichtung alle anderen Modelle in den Sack stecken kann, maß Rome die entstehenden Kräfte und den Energieaufwand im Experiment: Tatsächlich reduziert der Schwingrucksack die Beschleunigungskräfte in der Auf-und-Ab-Bewegung um bis zu 82 Prozent.
"Es ist, als bekäme man zusätzliche 5 Kilogramm einfach 'geschenkt'"
(Larry Rome)
Mit der gleichen Energie, die es kostet, in einem herkömmlichen Rucksack 22 Kilogramm fortzubewegen, trägt man in Romes Konstruktion ganze 27 Kilogramm. "Es ist, als bekäme man zusätzliche 5 Kilogramm einfach 'geschenkt'", meint der Erfinder.

Bei zu leichten oder zu schweren Lasten muss der Träger freilich die Länge der Gummiseile nachjustieren, damit die Platte nicht oben oder unten anstößt und der Nutzen der Konstruktion dahin wäre – vom mangelnden Tragekomfort ganz zu schweigen. Wie es um diesen grundsätzlich bestellt ist, kann wohl nur beantworten, wer bereits Gelegenheit zum Ausprobieren des Geräts hatte. Das Problem, dass die Tasche, wie bei elastischen Tragegurten, unkontrollierbar auf dem Rücken hin- und herpendelt, dürfte zumindest nicht auftreten.

Der Erfinder mit seiner Tragevorrichtung | Erfinder Larry Rome führt seinen Rucksack vor. Der Prototyp besteht aus einem herkömmlichen Gestellrucksack und Teilen aus dem Segelbootbau.
Ob aber herkömmliche Tragekonzepte tatsächlich demnächst einpacken können, wird sich erst im Praxistest zeigen. Im Blick hat der Erfinder jedenfalls weniger Menschen wie den Nikolaus, der seine Geschenkelast bereits jetzt schon flexibel auf Knecht Ruprecht verteilen kann, sondern Personen, die von Berufs wegen schwere Gewichte tragen und dabei oft noch rennen müssen – Sanitäter etwa oder Soldaten. Auch Schulkinder, deren vollgepackte Ranzen bisweilen zu orthopädischen Problemen führen, könnten von ihm profitieren. Mit seiner eigenen Firma will Rome die bereits patentierte Erfindung demnächst vermarkten.

Übrigens soll der Wipprucksack seinen Vorläufer in federnden Bambus-Tragegestellen asiatischer Händler haben. Es scheint, als sei der Ferne Osten wieder einmal schneller gewesen mit dem Erfinden – genau wie bei Nudeln, Papier oder Porzellan auch. Und dass, obwohl es dort doch eigentlich gar keinen Weihnachtsmann gibt.

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