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ADHS: Fehlerhafte Bremse

Bei ADHS ist ein hemmender Mechanismus im motorischen Zentrum des Gehirns gestört.
Wildes Kind
Sie sind impulsiv, können kaum still sitzen und haben Konzentrationsprobleme: Die typischen Symptome von Kindern, die an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden, sind zwar weithin bekannt, aber nicht immer leicht einzuordnen – auch ganz normale Kids zeigen in gewissem Maß solches Verhalten. Laut Untersuchungen von Stewart Mostofsky vom Kennedy Krieger Institute in Baltimore und Donald Gilbert vom Cincinnati Children's Hospital Medical Center (USA) könnte ein neuronales Kennzeichen nun genaueren Aufschluss über das Krankheitsbild geben. Offenbar funktioniert ein hemmender Mechanismus im motorischen Kortex bei Kindern mit ADHS nicht richtig – was eine Diagnose in Zukunft erleichtern mag.

Die Wissenschaftler prüften zunächst eine Vermutung aus früheren Studien, wonach vom Aufmerksamkeitsdefizit Betroffene seltener Bewegungen nur einer Körperhälfte zeigen, während die andere Seite ruhig bleibt. 25 ADHS-Patienten und 25 gesunde Probanden – allesamt Rechtshänder – sollten in einem Versuch ihre Daumen nacheinander mit allen anderen Fingern derselben Hand berühren. Die Forscher zeichneten die Übung per Video auf und vermaßen die Fingerpositionen dabei exakt. Wie die Auswertung ergab, bewegten sich die Finger der jeweils anderen Hand bei den "Zappelphillips" durchschnittlich öfter und stärker mit. Besonders deutlich zeigte sich das, wenn die ungeschicktere linke Hand im Einsatz war – vor allem bei Jungen.

In einer zweiten Studie reizten die Forscher um Mostofsky und Gilbert mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) den linken motorischen Kortex von 98 gesunden sowie von ADHS betroffenen Probanden, wobei jeder Stimulus eine Muskelzuckung in der rechten Hand bewirkte. Bei zwei kurz hintereinander folgenden Impulsen – im Abstand von gerade einmal drei Millisekunden – reagierte die Hand bei den gesunden Kindern auf den zweiten jeweils wesentlich schwächer. Dieser hemmende Mechanismus war bei Probanden mit ADHS jedoch um rund 40 Prozent reduziert; je geringer er ausfiel, desto stärker waren die Kinder von der Aufmerksamkeitsstörung insgesamt betroffen.

Ob die reduzierte Hemmung im motorischen Kortex auch zu unwillkürlichen Bewegungen auf der anderen Körperseite beitrage, ist unklar. Dennoch erhoffen sich die Forscher von der neuen Erkenntnis ein hirnphysiologisches Kriterium für die ADHS-Diagnose. (bw)
  • Quellen
Neurology 76, S. 615–621, 2011
Neurology 76, S. 622–628, 2011

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