Mondsonde: Fehlfunktion beendet Mission von Chandrayaan-1
Am Samstag, dem 29. August 2009, brach unerwartet der Kontakt mit dem ersten indischen Mondorbiter Chandrayaan-1 ab. Die indische Raumfahrtagentur ISRO betrachtet die Mission als beendet, da die Sonde nicht länger auf Steuersignale reagiert. Obwohl der Flug statt der geplanten 24 Monate nur zehn Monate dauerte, seien alle wichtigen Ziele bereits erfüllt und die Mission damit als großer Erfolg zu sehen, sagte ISRO-Chef G. Madhavan Nair der BBC.
Nachtrag 08.09.2009: Als wahrscheinliche Ursache des Totalausfalls sehen verschiedene Experten Überhitzung. Schon während der ersten Missionsmonate hatte sich gezeigt, dass die Abschirmung der Sonde gegen thermische und ionisierende Strahlung zu schwach war. Gleichzeitig war die Elektronik der Sonde nicht robust genug und nahm durch den Teilchenbeschuss schnell schaden. Seit Mai hatte der Orbiter bereits beide Sternsucher und einen Navigationscomputer verloren. Ohne Steuerung wird er nun vermutlich im Jahr 2012 auf dem Mond aufschlagen.
Chandrayaan (zu deutsch "Mond-Schiff" oder "Mond-Reise") startete am 22. Oktober 2008 an Bord einer indischen PSLV-Trägerrakete und erreichte drei Wochen später seine endgültige Umlaufbahn 100 Kilometer über der Mondoberfläche. Indien war damit nach China die zweite Nation, deren erster Flug zum Erdtrabanten direkt ein Erfolg war.
Mit geschätzten 60 Millionen Euro gaben die Inder jedoch weniger als halb so viel Geld aus wie die Chinesen für ihre Sonde Chang'e-1. Außerdem brachte Indien als bisher einziges Land schon beim Erstflug seine Nationalflagge auf den Mondboden. Dies geschah wenn auch unsanft durch die Einschlagsonde Moon Impact Probe.
Mit zehn wissenschaftlichen Instrumenten war Chandrayaan-1 mehr als eine Technologiedemonstration. Sechs der Geräte stammten aus dem Ausland, unter anderem von NASA und ESA. Im Gegenzug erhielt Indien neben Zugang zu den Messdaten auch Beratung in Fragen der Flugdynamik und Datenverarbeitung. Eine Bezahlung verlangten die Inder jedoch nicht von ihren Partnern.
Die indischen Instrumente zielten hauptsächlich auf die dreidimensionalen Kartierung des Mondes ab. Dies geschah sowohl mit Hilfe von Laser-Entfernungsmessung als auch durch eine Stereokamera mit einer Geländeauflösung von fünf Metern pro Bildpunkt. Daneben suchten Spektrometer nach Vorkommen von interessanten Rohstoffen wie Metallen und nach radioaktiven Elemtenten, die Aufschluss über das Alter der Mondkruste geben können.
Auch die ESA widmete sich mit ihren Spektrometern vor allem der chemischen Zusammensetzung der Mondoberfläche. Daneben waren die Stärke des Sonnenwindes und das Mondmagnetfeld weitere Ziele der Messungen.
Die NASA hingegen steuerte ein Radar bei, das in die Tiefe des Mondbodens blicken konnte. Speziell in den polaren Regionen, die permanent im Schatten liegen, vermuten Planetologen schon lange Spuren von Wassereis. Leider war Chandrayaan-1 bis zuletzt nicht in der Lage, diesen Verdacht zu bestätigen. Der im Jahr 2009 gestartete Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA wird mit seinen deutlich präziseren Instrumenten dieser Frage weiter nachgehen.
Unterdessen plant Indien bereits seine nächste Mondmission Chandrayaan-2, die im Jahr 2013 starten soll. Auch ein Rover wird dann mit an Bord sein, um Bodenproben zu nehmen und diese vor Ort zu untersuchen. Eine Marssonde und erste bemannte Raumflüge stehen im kommenden Jahrzehnt ebenfalls auf der Agenda Indiens. Die nun erkannten Mängel von Chandrayaan-1 könnten diese Pläne jedoch womöglich hinauszögern.
Ralf Strobel
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