News: Fehlgeburten durch Sauerstoffschock?
Doch manchmal ist nicht die Substanz, sondern die Dosis für schlimme Folgen verantwortlich. Und ausgerechnet Sauerstoff, das für den Menschen lebenswichtige Gas steht nun im Verdacht, Fehlgeburten auszulösen (New Scientist vom 8. Juli 2000).
Graham Burton von der Cambridge University und Eric Jauniaux vom University College London pflanzten 30 Frauen in die Plazenta winzige Geräte ein, mit denen sie den Sauerstoffgehalt in dem Blut überwachten, das in die Nabelschnur strömte. Anders als bisher vermutet stiegen die Werte nicht kontinuierlich an, sondern blieben in den ersten Monaten relativ niedrig, bis sie sich dann zwischen der 8. und der 15. Schwangerschaftswoche plötzlich verdreifachten. "Dies zeigt uns sehr deutlich, dass es in der Schwangerschaft zwei getrennte Phasen gibt", erklärt Burton. "Im ersten Drittel ist die Sauerstoffkonzentration in der Plazenta sehr, sehr gering."
Verantwortlich für diesen Wechsel sind offenbar die so genannten Cytotrophoblasten, welche die Plazenta in der Gebärmutter verankern. Sie dringen in die Blutgefäße ein und begrenzen dort die Sauerstofflieferung an den Fötus. Nach etwa acht bis zehn Wochen gehen sie jedoch zugrunde und das Nabelschnurblut wird auf einmal sauerstoffreicher.
Aus den Messergebnissen ziehen die Forscher vor allem zwei Schlussfolgerungen: Zum einen braucht der Embryo offenbar in den ersten Wochen nur sehr wenig Sauerstoff, um sich normal zu entwickeln. Zum zweiten könnte der schnelle Anstieg – zusammen mit anderen Faktoren – spontane Fehlgeburten auslösen, denn der plötzliche Wechsel bedeutet für den Fötus sehr starken Stress. Das würde eine ganze Reihe von Aborten erklären, bei denen die Ursache bisher noch im Dunkeln lag.
Die Wissenschaftler vermuten, dass Vitamine mit antioxidativer Wirkung vielleicht die Gefahr für eine Fehlgeburt in dieser Phase verringern könnten. Bevor Ärzte schwangeren Frauen dazu raten, müssen Forscher allerdings erst umfassende Studien durchführen, mit denen sie klären, ob die Verbindungen nicht andere schädigende Auswirkungen haben. Denn "es gibt keine Informationen in der Literatur, die darauf hinweisen, dass die Vitamine C und E in der Schwangerschaft sicher sind", gibt die Gynäkologin Lesley Regan vom Imperial College in London zu bedenken.
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