Beobachtungstipps: Spaziergang im nahen Sternhaufen Melotte 111
Manche Sternhaufen erscheinen am Himmel sehr ausgedehnt und fallen uns deshalb zunächst gar nicht als solche auf. Im Sternbild Stier entspricht der offene Sternhaufen der Hyaden dem v-förmigen Kopf des gehörnten Tiers. Auch die Figur des Perseus besteht aus einer lockeren Ansammlung noch recht junger Sterne. Weitaus weniger bekannt ist der Fall des unscheinbaren Frühlingssternbilds Haar der Berenike (lateinisch: Coma Berenices). Das nach einer ägyptischen Königin benannte Sternbild ist auch wegen seines Reichtums an Galaxien bekannt. Doch um den Coma-Galaxienhaufen soll es hier nicht gehen, sondern um den lockeren, nahen Sternhaufen, der das Sternbild dominiert. Der britische Astronom Philibert Jacques Melotte (1880–1961) verzeichnete ihn in seinem im Jahr 1915 erschienenen Katalog unter der Nummer 111, und gemäß der im Jahr 1931 publizierten Liste des schwedischen Astronomen Per Collinder (1890–1975) trägt er die Bezeichnung Cr 256.
Dank des großen Winkeldurchmessers des Haufens von zehn Grad genügt zur Beobachtung ein kleines, handliches Fernglas mit weitem Gesichtsfeld und maximal achtfacher Vergrößerung. Hiermit können Sie Melotte 111 quasi freihändig, ohne Stativ, mit den Augen erwandern. Aber schon ohne jede optische Hilfe sind hier in einer dunklen Nacht rund ein dutzend Sterne heller als 6 mag (siehe »Kurz erklärt«) sichtbar. Ein Fernglas offenbart, dass es sich nicht um eine zufällige Ansammlung handelt. Vielmehr zeigt sich nun ein Teppich von weiteren 40 bis 50 Sternen bis zu einer Grenzhelligkeit von 9 mag – ganz so, wie andere lockere Sternhaufen gewöhnlich im Teleskop erscheinen. Besonders Scharfsichtige können im Fernglas die subtilen Farbunterschiede zwischen den hellsten Sternen wahrnehmen, von denen die meisten weiß oder gelb erscheinen. Und einige Haufenmitglieder haben sich bereits zu Roten Riesen entwickelt und leuchten daher in einem orangefarbenen Licht.
Mit Hilfe des Weltraumobservatoriums Gaia konnte ein Forscherteam innerhalb eines Radius von fünf Grad um das Haufenzentrum rund 150 Mitglieder mit Massen zwischen dem 0,06-Fachen und dem 2,3-Fachen der Sonnenmasse identifizieren. Die mittlere Distanz der Sterne beträgt 283 Lichtjahre. Zudem ergaben die Untersuchungen, dass dieses Sternennest mit 800 Millionen Jahren nahezu doppelt so alt ist wie bislang angenommen.
- Kurz erklärtWas ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
- BogenminuteDie Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
- EkliptikDie scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
- ElongationWinkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
- Helligkeit (mag)Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
- KonjunktionGleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
- KulminationDurchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
- MeridianMittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
- OppositionGegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
- SeeingDas durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.