Kimberley: Australiens älteste Kängurus
Ein Ergebnis mit Seltenheitswert: Australische Forscher haben die Darstellung eines Kängurus vergleichsweise präzise auf ein Alter von zirka 17 300 Jahren datiert. Es ist damit das älteste bekannte Felsbild Australiens, das am Ort seiner Anbringung erhalten ist. Die Malerei befindet sich an der Decke eines Felsüberhangs auf dem Gebiet des Unghango-Klans in Balanggarra Country, in der Region Kimberley im Norden des Bundesstaats Westaustralien. In diesem Gebiet untersuchte das Team um Damien Finch und Andrew Gleadow von der University of Melbourne zusammen mit der Balanggarra Aboriginal Corporation auch 15 weitere Darstellungen. Zu den Altersbestimmungen per Radiokarbonmethode verhalf den Forschern ein Zufall: Wie sie im Fachmagazin »Nature Human Behaviour« berichten, konnten sie die Bilder mittels Erdnestern von Grabwespen datieren, die über und unterhalb der Malereien liegen.
Das älteste Felsbild eines Kängurus misst ungefähr zwei Meter in der Länge. Das Tier wurde mit dunkelroter Farbe aufgetragen, das Fell in Strichen wiedergegeben. Neben diesem Beuteltier haben die Forscher weitere Darstellungen beprobt. Die meisten davon entsprechen dem Malstil der so genannten Irregular Infill Animal Phase. Die Bildthemen jener Epoche sind naturalistisch wiedergegebene Tiere in Lebensgröße. Es war lange Zeit kaum möglich, diesen frühen Stil der Aborigines-Kunst exakt zu datieren. Bevor Archäologen sich naturwissenschaftlicher Methoden bedienen konnten, ließ sich das Alter von Felsbildern lediglich stilistisch oder durch den Fundkontext grob bestimmen. Im Fall australischer Felsbilder liefert auch die Anbringung der Motive Hinweise: Da die Felsüberhänge jahrtausendelang immer wieder bemalt wurden, überlappen und überlagern sich die Bilder – und lassen sich so in eine relativ-chronologische Reihe bringen. Das heißt, jüngere Malereien überdecken ältere Exemplare.
Doch auch den absolut-chronologischen Methoden wie der C-14-Datierung sind bei den australischen Bildergalerien Grenzen gesetzt. So haften an den Wänden kaum organische Reste, die sich radiometrisch auswerten lassen. Bisweilen verwendeten die Künstler Bienenwachs oder Holzkohle. Bilder aus acht Felsüberhängen in der Region Kimberley lieferten nun aber 27 C-14-Daten: Die zugehörigen Proben stammen von alten Schlammnestern der Grabwespe. Die Nester haften sowohl über den Bildern als auch darunter am Fels. Damit konnten die Forscher um Finch und Gleadow die Entstehungszeit insbesondere der Irregular-Infill-Animal-Bilder eingrenzen: Der Malstil war ungefähr 4000 Jahre lang üblich, von vor zirka 17 000 bis 13 000 Jahren. Wie die Forschergruppe schreibt, lassen sich die Bilder nun in den klimatischen und sonstigen archäologischen Kontext einbetten und auswerten.
Eines der bislang ältesten bekannten Felsbilder Australiens kam in Nawarla Gabarnmang ans Licht. Archäologen legten unter einem Felsdach auf dem Gebiet des Buyhmi-Klans im Land der Jawoyn-Aborigines (Arnhemland) ein bemaltes Felsfragment frei, das die Ausgräber gemäß seiner Fundlage auf ein Alter von ungefähr 28 000 Jahren datierten.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.